Was treibt euch an, nach vielen Jahren ehrenamtlicher Arbeit in der GEW NRW im Ruhestand noch weiter aktiv für die Gewerkschaft zu sein?
Annegret Caspers: Im Stadtverband Essen habe ich jahrelang die Fachgruppe Grundschule geleitet und an den Vorstandssitzungen teilgenommen. Anneliese Bader hat zu jener Zeit die Ruheständler*innen im Stadtverband betreut. Auf einer Feier habe ich im Scherz zu Anneliese gesagt: „Wenn du die Arbeit nicht mehr machen willst, übernehme ich deine Aufgaben.“ So fing es an.
Franz Woestmann: In den 40 Jahren, in denen ich gewerkschaftlich aktiv war, wollte ich immer meine berufliche Situation verbessern, indem ich mich mit Kolleg*innen zusammenschloss, die das Gleiche anstrebten. Und so habe ich mich gefragt, ob das im Ruhestand auch noch gelten kann. Der Ruhestand gefällt mir gut, aber ich habe festgestellt, dass im politischen Raum die Rentenpolitik Probleme und Fragen aufwirft, zum Beispiel die Kostenfrage. Und wer, wenn nicht wir selbst, sollte sich da einmischen? Also habe ich mich wieder engagiert, um die Interessen der Ruheständler*innen lautstark zu vertreten! Das geht nicht ohne ehrenamtliche Arbeit und auch nicht ohne Engagement an verantwortlicher Stelle.
Warum sollten Mitglieder auch im Ruhestand in der GEW NRW bleiben?
Franz Woestmann: Die Gewerkschaft kann ein wichtiges Forum sein, sich zu betätigen, Kontakte zu erhalten oder neue zu knüpfen, Interessen zu formulieren und nach draußen zu tragen. Wenn wir uns zum Beispiel die Misere der Pflegeheime vor Augen führen – auch und gerade während der Corona-Krise – kann es sehr dringend sein, dass viele die Forderungen von DGB und ver.di unterstützen, damit der politische Druck erhöht wird. Die Angebote der GEW sind vielfältig, aber lückenhaft. In manchen Stadt- und Kreisverbänden gibt es zahlreiche Angebote für Senior*innen, in anderen gar nichts. Vor Corona haben wir uns im Kreis Wesel monatlich zu zwei Stammtischen getroffen; regelmäßige kulturelle Angebote wahrgenommen, vom Museums- bis zum Theaterbesuch, sowie gemeinsame Kaffeerunden und einmal im Jahr einen Restaurantbesuch organisiert. Auch politische Veranstaltungen haben wir angeregt. Voraussetzung: Die Senior*innen müssen im Stadtverband aktiv werden!
Annegret Caspers: Die GEW bietet auch im Ruhestand Rechtsschutz und an erstrittenen Erhöhungen der Altersbezüge durch Tarifkämpfe partizipieren wir ebenfalls. Außerdem bin ich der Meinung, dass man eine Solidargemeinschaft, der man jahrelang angehört, auch im Ruhestand unterstützen soll.
Wie bereitet die GEW NRW ihre Mitglieder auf den Ruhestand vor? Was könnte da noch verbessert werden?
Annegret Caspers: Bei letzterem Punkt ist noch viel Luft nach oben. Zur Vorbereitung auf den Ruhestand erstellen wir gerade einen Brief, der an alle 60-jährigen Kolleg*innen verschickt werden soll – gemeinsam mit der Neuauflage unseres Flyers Willkommen im Ruhestand.
Franz Woestmann: Für die Klärung materieller und rechtlicher Fragen gibt es ein recht umfangreiches Fortbildungsangebot. Hilfreich sind Seminare, die auf die neue Lebensphase vorbereiten und die die GEW anbietet.
Wichtig ist natürlich auch die Wahl von Obleuten der Senior*innen in den Untergliederungen, die eine Vertretung der Ruheständler*innen im Vorstand gewährleisten. Wir brauchen die vielen langjährigen Funktionär*innen in der Ruhestandsarbeit. Und sie sollten nicht nur Kaffeekränzchen organisieren, sondern aktiv die Interessen der Ruheständler*innen vertreten, beispielsweise bei den Themen wie Pflegenotstand und politische und gesellschaftliche Teilhabe der Senior*innen vor Ort, und sich auch für den Frieden sowie in Bündnissen und Netzwerken gegen Rechts engagieren.
Welche Angebote macht der Ausschuss für Ruheständler*innen den Pensionär*innen in der GEW NRW?
Annegret Caspers: Wir organisieren jedes Jahr eine eineinhalbtägige Veranstaltung mit interessanten Themen wie Beihilfe, richtig Vererben, Bewegung im Alter, Neue Medien, Verhalten im Pflegefall, Mitwirkung. Aber nicht nur die Themen sind für die Kolleg*innen wichtig, sondern auch der Austausch beim Zusammensein am Abend oder in den Pausen.
Der Obleutetag, einmal im Jahr, ist ein wichtiger Bestandteil unserer Arbeit, weil wir dort nach den Bedürfnissen für Veranstaltungen und deren Themen fragen. Wir versuchen dann, die entsprechenden Referent*innen zu finden. Für 2020 war ein landesweiter Senior*innentag geplant, er fiel wie alle anderen Veranstaltungen Covid-19 zum Opfer, auch die geplante Reise nach Lille. Das ist schade, denn für diese Reisen meldeten sich auch Kolleg*innen an, die nicht an unseren anderen Veranstaltungen teilnehmen.
Und was können Interessierte tun, um sich aktiv einzubringen?
Franz Woestmann: Da gibt es verschiedene Möglichkeiten. Gibt es noch keine Senior*innenarbeit im Stadt- beziehungsweise Kreisverband, kann man sich mit einem oder mehreren Interessierten zusammentun und sich mit dem Antrag, einen lokalen Ausschuss für Ruheständler*innen gründen zu wollen, an den Vorstand des Stadt- beziehungsweise Kreisverbandes wenden oder das Thema auf die Tagesordnung der Jahreshauptversammlung setzen lassen. Eines der Gründungsmitglieder sollte bereit sein, im Vorstand mitzuarbeiten; mindestens ein Mitglied sollte gegenüber dem Landesverband als Obfrau*mann firmieren.
Gibt es vor Ort Senior*innenarbeit, kann man sich an den Vorstand wenden und um Adressen der entsprechenden Ansprechpartner*innen bitten oder darum, zu Veranstaltungen eingeladen zu werden.
Annegret Caspers: Wer Interesse an der Mitarbeit im Ausschuss für Ruheständler*innen oder Ideen für Aktivitäten hat, kann sich bei mir oder Franz melden.