Gesellschaft 08.08.2019

Politikversagen: Debatte um Deutschkenntnisse lenkt ab

Frühkindliche BildungGrundschuleMPT – Fachkräfte im multiprofessionellen TeamFachkräfte in der Schuleingangsphase
Politikversagen: Debatte um Deutschkenntnisse lenkt ab

Kommentar: Schulen und Kitas endlich ausreichend für Sprachförderung ausstatten!

Die Debatte um mangelnde Deutschkenntnisse schulpflichtiger Kinder lenkt von Versäumnissen der Politik ab. Frühkindliche Sprachförderung in der Kindertagesstätte erfährt nicht die notwendige politische Wertschätzung; die Grundschulen sind vielfach personell nicht in der Lage, allen Kindern die gewünschte Förderung zukommen zu lassen. Vor diesem Hintergrund fördern diejenigen die Ausgrenzung, die Kindern den Schulbesuch verweigern wollen und vorschnell Schuldzuweisungen formulieren. Die Aufgaben für die Politik in NRW sind klar zu benennen: Kita und Schule müssen für diese Aufgaben bestmöglich ausgestattet sein, fordert die GEW NRW!

  • Autor*in: Michael Schulte
  • Funktion: Geschäftsführer der GEW NRW
Min.

Wenn sich Carsten Linnemann, Vorsitzender der Mittelstands- und Wirtschaftsvereinigung (MIT) der CDU/CSU, zu mangelnden Deutschkenntnissen vieler Grundschulkinder äußert und den Wirtschaftsstandort Deutschland in Gefahr sieht, ist ihm Aufmerksamkeit gewiss. Bildungspolitiker*innen sehen sich in der Folge genötigt, mit Hinweisen auf ihre Aktivitäten die Kritik zurückzuweisen.

Rhetorik der Ausgrenzung statt Sachpolitik

Vergebliche Mühe. Das Thema ist gesetzt, die „Rhetorik der Ausgrenzung“ – wie es Gökalp Babayigit in der Süddeutschen Zeitung nennt – macht die Runde. Wer so diskutiert wie die CDU/CSU auf Bundesebene, ist nicht an der Sachdebatte interessiert. Notwendig ist eine Diskussion an welchem Ort, mit welchen Konzepten, mit welchem Personal, mit welchen Mitteln frühkindliche Sprachförderung von Kindern mit und ohne Migrationshintergrund bestmöglich erfolgen kann.

Probleme in der Frühkindlichen Bildung und beim Start in der Grundschule lassen sich leicht benennen. Auf dieser Ebene muss Politik endlich handeln, die richtigen Strukturen schaffen und so alle Bildungsinstitutionen in die Lage versetzen, Sprachförderung leisten können! In NRW sind die Baustellen klar, die die Landespolitik vor sich hat:

Entwurf für Novelle des Kinderbildungsgesetzes muss nachgebessert werden

Nach der Sommerpause steht die Novellierung des Kinderbildungsgesetzes auf der politischen Agenda in Nordrhein-Westfalen. Der bisherige Gesetzentwurf von Schwarz-Gelb gibt wenig Hoffnung, dass die Kolleg*innen in den Einrichtungen künftig ihrem Bildungsauftrag bestmöglich gerecht werden können. Ein besserer Personalschlüssel für kleinere Gruppen, Möglichkeiten der Fortbildung und Teamentwicklung und mehr Zeit wären ein sachgerechter Beitrag der Landespolitik, um Betreuung und Bildung für die Kleinen zu verbessern. Nur so wird frühkindliche Sprachförderung gelingen.

Masterplan Grundschule lässt auf sich warten

Das Ministerium für Schule und Bildung ist inzwischen routiniert, die Versäumnisse bei der Entwicklung des Masterplans Grundschule zu entschuldigen. Wir arbeiten daran, nur die Ruhe – so ist lapidar zu hören. Ein neuer Grundwortschatz und Methodenkritik ist alles, was bislang auf dem Tisch liegt.

Hoffnung macht die Ausweitung der Stellen für Sozialpädagogische Fachkräfte in der Schuleingangsphase der Grundschulen. Bedenklich ist, dass der eklatante Mangel an grundständig ausgebildeten Lehrer*innen im Einstellungsverfahren 2019 an den Grundschulen die Lage erneut verschlimmern wird. Weltbeste Bildung in der Grundschule braucht mehr Personal, multiprofessionelle Teams und eine Senkung von Arbeitszeit und Arbeitsbelastung sowie kleinere Klassen.