lautstark. 07.04.2025

Haltung zeigen – Demokratie verteidigen

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Politische Bildung gegen Rechts

Wenn (rechts-)populistische Kräfte erstarken und die gesellschaftliche Spaltung wächst, sind Lehrer*innen mit starker Haltung wichtiger denn je. Ayla Çelik, Vorsitzende der GEW NRW, macht ihnen Mut, sich auch nach der Bundestagswahl klar demokratisch zu positionieren.

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  • Ausgabe: lautstark. 02/2025 | Zwischen Mangel und Qualität: Bildung braucht Stabilität
  • Autor*in: Ayla Çelik
  • Funktion: Vorsitzende der GEW NRW
Min.
Ayla Çelik ist Vorsitzende der GEW NRW und findet: „Gemeinsam müssen wir dafür sorgen, dass unsere Schulen Orte der gelebten Demokratie sind, in denen junge Menschen lernen, ihre Stimme zu nutzen und für die Werte einzustehen, die unsere Gesellschaft zusammenhalten.“

Liebe Kolleg*innen, 

wenn es darum geht, Frieden und Zukunftskompetenzen zu stärken, spielt Bildung eine zentrale Rolle. Schule ist nicht nur ein Ort des Wissens, sondern auch ein Ort der Wertevermittlung. Es ist von entscheidender Bedeutung, dass wir in unseren Schulen ein starkes Bewusstsein für die Bedeutung der Demokratie und die Gefahren, die ihr drohen, vermitteln. 

Hier kommt uns Lehrer*innen eine zentrale Verantwortung zu, denn unsere Rolle als Lehrkraft geht weit über die Vermittlung von Fachwissen hinaus, vor allem wenn wir Bildung nicht als Anhäufung reproduzierbaren Wissens begreifen, sondern auch als Persönlichkeitsentwicklung und -entfaltung, als Befähigung zur gleichberechtigten gesellschaftlichen – kulturellen wie politischen – Teilhabe. 

Unsere Neutralitätspflicht bedeutet nicht Gleichgültigkeit gegenüber Demokratiefeinden, im Gegenteil: Es ist nicht nur unser pädagogischer Auftrag, sondern unsere Pflicht, unsere Demokratie zu schützen und zu bewahren. Der Beutelsbacher Konsens, seit den 1970er-Jahren eine Leitlinie der politischen Bildung, betont drei zentrale Prinzipien:

  • Überwältigungsverbot: Es ist uns nicht erlaubt, Schüler*innen im Sinne erwünschter Meinungen zu überrumpeln und sie an der Bildung eines eigenen Urteils zu hindern.   
  • Kontroversitätsgebot: Was in Wissenschaft und Politik kontrovers ist, muss auch im Unterricht kontrovers erscheinen.
  • Schüler*innenorientierung: Der Unterricht muss die Interessen der Schüler*innen berücksichtigen und sie befähigen, politische Situationen zu analysieren und ihre eigenen Interessen zu vertreten.

Diese Prinzipien fordern uns auf, eine Balance zu finden: Wir sollen keine Indoktrination betreiben, aber gleichzeitig dürfen wir nicht neutral gegenüber antidemokratischen Tendenzen sein. Gerade nach der Bundestagswahl im Februar 2025 ist es entscheidend, dass wir als Lehrkräfte unsere Stimme erheben. 

In Zeiten, in denen populistische und extremistische Strömungen an Einfluss gewinnen, müssen wir klar Position beziehen. Unsere Schüler*innen sollen erkennen, dass demokratische Grundwerte wie Rechtsstaatlichkeit, Freiheit, Gerechtigkeit, Solidarität und Toleranz niemals zur Disposition stehen dürfen – auch nicht in Zeiten eines tiefgreifenden gesellschaftlichen Wandels.  

Unsere Verantwortung besteht darin, im geschützten schulischen Raum ein Umfeld zu schaffen, in dem demokratische Prinzipien gelebt und erfahren werden können. In dem wir unseren Schüler*innen Raum für Diskussionen bieten, sie ermutigen, verschiedene Perspektiven einzunehmen, sich auszuprobieren. Kinder und Jugendliche müssen im geschützten Raum der Schule lernen, kritisch zu denken. Sie müssen in der Lage sein, Fakten von Fiktion zu unterscheiden, manipulative Strategien zu erkennen und sich gegen ideologische Verblendung zu wappnen. 

Werte wie Respekt, Toleranz, Solidarität und der Glaube an die Gleichheit aller Menschen sind keine Selbstverständlichkeiten – sie müssen gelehrt und gelebt werden. Wenn wir diese Werte nicht aktiv vermitteln, dann überlassen wir das Feld denen, die Hass und Hetze verbreiten wollen. Gemeinsam müssen wir dafür sorgen, dass unsere Schulen Orte der gelebten Demokratie sind, in denen junge Menschen lernen, ihre Stimme zu nutzen und für die Werte einzustehen, die unsere Gesellschaft zusammenhalten. Für diese wichtige Aufgabe brauchen wir die entsprechenden Ressourcen. 

Diese zur Verfügung zu stellen, ist die Verantwortung der Landesregierung. Wenn wir gesamtgesellschaftlich nicht wollen, dass Demokratie zur Randnotiz wird, muss die Landesregierung entsprechend in Bildung und Ausbildung investieren. Wir brauchen gut ausgebildete Fachkräfte – und das nicht erst in der Schule, sondern schon in der Kita. Denn politische Bildung fängt schon bei den ganz Kleinen an. 

Mit kollegialen Grüßen
Ayla Çelik