Chancengleichheit 18.09.2017

Multikulturell und bilingual in Madrid

Migration und FluchtChancengleichheit
Multikulturell und bilingual in Madrid

Die San Isidro Sekundarschule auf dem Weg zu Integration und Inklusion

An den staatlichen Schulen in Spanien ist die heterogene Schüler*innenschaft charakteristisch. Als Antwort auf die hohe Migration haben Schulen neue Bildungsprogramme, Lernstrategien und koexistierende Modelle seit den 1990er Jahren entwickelt. Inklusion und Integration stehen – wie in der Bundesrepublik – auch an spanischen Schulen im Fokus.

  • Autor*in: Isabel Píñar
  • Funktion: Schulleiterin an der San Isidro High School in Madrid
  • Übersetzung: Caroline Flügel
Min.

Heute wird an spanischen Schulen mehr denn je individueller auf die Vielfalt der Schüler*innen eingegangen. Die San Isidro Sekundarschule (IES) – eine weiterführende Schule in Madrid – liegt in einer multikulturellen und historischen Gegend. Sie ist ein gutes Beispiel für die Entwicklung von schulischer Integration und Inklusion.

Konzept für Vielfalt und individuelle Förderung

Ab 1995 war zehn Jahre lang die Hauptherausforderung vieler Lehrer*innen die Integration von Schüler*innen, die eine andere Muttersprache als Spanisch haben und sprachlich zwei oder mehr Jahre im Rückstand lagen. Als Reaktion auf die Vielfalt der Schüler*innenschaft wurde ein Konzept mit folgenden Ansätzen entwickelt:

  • Interkulturelle Bildung, die nicht nur die Integration von Schüler*innen ermöglicht, sondern auch Inklusion.
  • Flexible Gruppen von Schüler*innen entsprechend ihres Sprach-  und Bildungsstandes einrichten.
  • Spanisch als Zweitsprache unterrichten, während parallel aktuelle Themen mit entsprechenden Fremdsprachenlernstrategien unterrichtet werden. So erfahren Schüler*innen ohne Kenntnis der in der Schule gesprochenen Sprache, aber mit einem hohen allgemeinen Bildungsstand keine Leistungsdifferenz, während diejenigen mit Leistungsdifferenz Wissen und Sprache gleichzeitig erwerben.
  • Willkommensmaßnahmen für eingewanderte Schüler*innen und deren Familien planen.

Um all diese Vorhaben umzusetzen, wurden buntgemischte Lerngruppen eingerichtet und neue professionelle Profile eingeführt. Die Ausbildung der Lehrer*innen konzentriert sich stark auf interkulturelle Angelegenheiten, Konfliktlösungen und Spanisch als Zweitsprache. Auch studentische Assistent*innen wurden eingeführt, um Schüler*innen, die mitten im Schuljahr hinzukommen, zu unterstützen.

Schule als angenehmer Ort zum Wohlfühlen

Innerhalb der letzten zehn Jahre kamen schon die Schüler*innen zweiter Generation an die IES. Und das Konzept hatte sich bewährt: Ihr Bildungsgrad entsprach dem der Schüler*innen, deren Eltern keinen Migrationshintergrund haben.

Vielfalt ist dennoch weiter allgegenwärtig und zwar in verschiedenen Formen. Die Absicht von Inklusion an der IES ist nicht, dass sich Schüler*innen an das Schulumfeld anpassen, sondern, dass sie sich wohlfühlen und Schule als einen angenehmen Ort empfinden – unabhängig von Herkunft, Religion, sexueller Orientierung oder Interessen.

Die IES ist eine bilinguale Schule, an der die Lehrkräfte auf Französisch und Englisch unterrichten sowie Deutsch und Chinesisch anbieten. Die bisherigen Gruppierungsmodelle wurden durch kooperative Lern- und moderne, technologisierte Klassenräume abgelöst, die ausgerichtet sind auf die verschiedenen Lernfähigkeiten der Schüler*innen wie unter anderem Aufmerksamkeitsdefizitstörung, Hyperaktivitätsstörung, (Hoch-)Begabung und Leistungsdifferenz verbunden mit dem Risiko sozialer Exklusion.

Kollegium, Schüler*innen und Eltern gemeinsam für Vielfalt

Das interkulturelle Model wird unterstützt durch Maßnahmen, die Geschlechtergleichstellung fördern und LSBTI-Schüler*innen mit offenen Armen empfangen – ähnlich dem Konzept „Schule der Vielfalt – Schule ohne Homophobie“ in Deutschland (Hinweis der Redaktion). Die IES kämpft gegen geschlechter-basierende Gewalt und Mobbing. Sie hat Schülermediator*innen eingeführt, die ihre Mitschüler*innen unterstützen und stark machen gegen Isolation und Mobbing.

Eine speziell ausgebildete Gruppe von Lehrer*innen, Schüler*innen und Eltern deckt Konflikte auf und erarbeitet anschließend gemeinsam Lösungen – insbesondere für LSBTI-Schüler*innen. Die Schüler*innen an der IES sind sehr aktiv und leiten selbst Konferenzen, Treffen und Workshops zu diesen Themen.