MENTOR, das sind Leselernhelfer*innen, die bundesweit in Schulen aktiv sind. In Witten beginnt ihre Geschichte mit Heide Kalkoff, die sich nach ihrem Renteneintritt weiter engagieren wollte. In mittlerweile über zehn Jahren Ehrenamt hat die ehemalige Kanzleimitarbeiterin 110 Mentor*innen akquiriert und organisiert Lesementor*innen für 15 Wittener Grundschulen. „Ich bin jetzt 82 Jahre alt und die Arbeit macht mir großen Spaß! MENTOR muss weiter wachsen, da immer mehr Kinder eine Leseförderung benötigen“, erzählt Heide Kalkoff.
Zeit ist einer der wichtigsten Faktoren beim 1:1-Betreuungsprinzip, das MENTOR verfolgt. „Die Mentor*innen widmen einem Kind eine Stunde Zeit. Und umgekehrt natürlich auch. Das selbstständige Lesen steht dabei im Fokus, aber es gehört so viel mehr dazu“, weiß die Koordinatorin.
Die Mentor*innen bekommen Unterstützung durch Weiterbildungen, Workshops und Netzwerktreffen. „Der MENTOR Bundesverband schult Mentor*innen, die wiederum neue Mentor*innen in die Arbeit einführen, und veranstaltet jährlich eine Fachtagung für alle Akteur*innen“, erzählt die ehemalige stellvertretende Grundschulrektorin Elke Hasenohr. „Hier in Witten geben engagierte Lehrkräfte ihr pädagogisches Wissen weiter: zum Beispiel, was Deutsch als Zweitsprache bedeutet und wie das Lesenlernen an Grundschulen funktioniert.“ Sie liest einmal pro Woche mit zwei Kindern an einer anderen Wittener Grundschule.
Unterstützt wird MENTOR Witten vom Team der städtischen Bibliothek. „Die Bibliothek bietet ein ganz besonderes Ambiente. Hier treffen wir uns zum Austausch“, erzählt Heide Kalkoff. Und so profitieren alle von den Erfahrungen einzelner Mentor*innen: „Wir besprechen Probleme, stellen Fragen und finden gemeinsam Lösungen“, sagt Elke Hasenohr.
Bibliotheksleiterin Christine Wolf und ihr Team unterstützen das Projekt, wo sie können: „MENTOR Witten stellt zahlenmäßig die meisten Mitglieder im Förderverein der Bibliothek. Die Kooperation ist auch ein Leseförderungsprojekt für uns. Das ist ja unser Auftrag und schafft die Leser*innen von morgen.“
So kannst du MENTOR unterstützen
Lesementor*in werden!
Neugierig geworden? MENTOR – die Lesehelfer Bundesverband e.V. sucht bundesweit Lesementor*innen. Alle Infos gibt es bei MENTOR online.
„Wenn ich merke, dass mein Lesekind aufgedreht ist, gehen wir erst mal eine Runde über den Schulhof. Die Kinder haben in der Regel schon fünf Stunden Unterricht hinter sich, wenn die Leseförderung beginnt“, erzählt Britta Fandrey-Groll, die hauptberuflich als Krankenschwester arbeitet.
Manchmal lenkt auch Schulhund Oskar vom Lesen ab. Doch selbst nach einem langen Schultag freuen sich durchweg alle auf die Lesezeit. „Sie schätzen die Zuwendung und Zuverlässigkeit sehr“ – zwei weitere wichtige Aspekte des Betreungsprinzips.
Spiele, die Konzentration und Ausdauer fördern, kommen nach dem Lesen zum Einsatz.
Jutta Buhr ist seit zehn Jahren Lesementorin. „Mit der Lehrerin meines ersten Lesekindes war ich damals viel im Austausch. Wir beide konnten seine Entwicklung miterleben; wie es immer selbstbewusster wurde. Und das hat sie so begeistert, dass sie nach ihrem aktiven Berufsleben selbst Lesementorin wurde – das ist doch das schönste Lob für unsere Arbeit!“
Jutta Buhr liest an der Brenschenschule einmal pro Woche mit Niwar aus der 4b und mit Nefeli aus der 3b. Beide mögen Fußballgeschichten. „Ich melde mich jetzt schon öfter zum Vorlesen im Unterricht“, erzählt Niwar. Nefeli ist dafür noch zu schüchtern, verrät sie.
Annette Kraushaar und Nicola König-Weber übernehmen die Koordination aufseiten der Schule. „Es entstehen zum Teil ganz enge Bindungen zwischen Lesekind und -mentor*in. Manchmal wollen die Kinder auch einfach nur erzählen. Auch das hilft besonders den Schüler*innen, deren Muttersprache nicht Deutsch ist. Sie erweitern in Gesprächen im geschützten Raum ihren Sprachschatz“, berichtet Nicola König-Weber.
„Bücher sind unser Steckenpferd“, sagt Annette Kraushaar stolz. „Mehrfach im Jahr veranstalten wir Lesetage und die Kinder suchen sich aus, in welchem Raum sie welcher Geschichte zuhören möchten. Und im kommenden Frühjahr möchten wir unsere Schulbücherei offiziell eröffnen.“ Besonders wertvoll findet die Lehrerin den Austausch mit MENTOR und die enge Zusammenarbeit mit der Bibliothek, von der sie über das Rotamobil ganze Klassensätze oder themengebundene Pakete für die Schüler*innen ausleihen können.
„In der Lehrerkonferenz werden die Klassen- und Deutschlehrer*innen befragt und es wird zusammen entschieden, welche Kinder die Einzelförderung am nötigsten haben. Dann holen wir die Einwilligung der Eltern ein und stimmen die Termine mit den Mentor*innen ab“, erzählt Schulleiterin Kim Bremer.
Dahinter steckt eine Menge organisatorischer Aufwand. „Allein immer einen Raum frei zu haben, bedeutet viel Planung.“ Zwei Schulen in Witten können die Einzelförderung nicht anbieten. „Dort fehlen schlichtweg die Ressourcen wie Personal und Räumlichkeiten“, weiß Heide Kalkoff.