Köln – Bei der Demonstration im Rahmen des bundesweiten Bildungsprotesttags fordern heute 3.000 Demonstrant*innen eine echte Bildungswende – jetzt! Aufgerufen hatte ein breites Bündnis aus Gewerkschaften, Eltern-, Schüler*innen- und Lehrer*innenverbänden, Umweltschutzorganisationen, die Bildungskampagne „Schule muss anders“, Kita-Verbände, Bildungskampagnen und Initiativen.
Grundlage dafür war ein gemeinsam getragener Bildungsappell, der vier klare Forderungen formuliert:
- Schule und Kita inklusiv und zukunftsfähig machen
- Ausbildungsoffensive für Lehrer*innen und Erzieher*innen
- Sondervermögen Bildung und eine ausreichende Finanzierung
- Bildungsgipfel auf Augenhöhe
Erst vor wenigen Tagen hatten die Ergebnisse des Deutschen Schulbarometers die Forderungen der Demonstrant*innen unterstrichen: Die Auswirkungen von Kinderarmut werden sichtbarer, genauso wie die Folgen der hohen Arbeitsbelastung und der unzureichenden Finanzierung des Bildungsbereichs. Um ihren Forderungen Ausdruck zu verliehen gingen bundesweit in vielen Städten Menschen für eine echte Trendwende in der Bildung auf die Straße. Köln war der für NRW zentrale Demonstrationsstandort. Mit einem lauten und bunten Demonstrationszug sowie einer Kundgebung warben die Demonstrant*innen für nachhaltige und zukunftsweisende Verbesserungen in der Bildungslandschaft.
Ayla Çelik, Landesvorsitzende der Bildungsgewerkschaft GEW NRW:
„Unser Bildungssystem ist am Limit und in unseren Bildungseinrichtungen wird der Mangel ver-waltet. Der Mangel an Fachkräften, an Räumen und entsprechenden Ressourcen bedeutet nicht nur eine immense Belastung der Beschäftigten, sondern auch eine Minderung der Zukunftschan-cen unserer Kinder. Die soziale Ungleichheit nimmt zu und verschärft die vorhandene Chancen-ungleichheit. Bildungschancen entscheiden aber über Lebenschancen unserer Kinder, diese dürfen nicht ungleich verteilt sein und erst recht, dulden sie keinen Aufschub. Die Missstände sind offensichtlich. Es ist höchste Zeit, zu handeln. Die Missachtung des Rechts auf gute Bildung dürfen wir nicht fortschreiben, deshalb muss eine echte Bildungswende her- und zwar jetzt!“
Maike Finnern, Bundesvorsitzende der Bildungsgewerkschaft GEW:
„Das Bündnis ‚Bildungswende JETZT!‘ schlägt vor, mindestens 100 Milliarden Euro als Anschubfi-nanzierung für ein Bündel bildungspolitischer Maßnahmen zu investieren und dafür auf Bundes-ebene ein Sondervermögen aufzulegen. Die zusätzlichen Gelder sollen beispielsweise in den Ausbau des inklusiven Ganztags an Grundschulen fließen. Das ist ein zentrales gesellschafts- und bildungspolitisches Projekt der Ampelregierung, das gelingen muss. Zudem ist dringend not-wendig, den quantitativen und qualitativen Ausbau der Kitas weiter voranzutreiben. Beide Maß-nahmen sorgen für mehr Chancengleichheit, insbesondere für Kinder aus armen und bildungs-fernen Familien.“
Anke Unger, stellvertretende Vorsitzende des DGB NRW:
„Unser Bildungssystem geht auf dem Zahnfleisch, es muss deutlich mehr in Kitas, Schulen und Hochschulen investiert werden. Marode Gebäude, eine schlechte Ausstattung und zu wenig Personal können wir uns nicht länger leisten. Um endlich die Bildungswende zu schaffen, reicht es nicht, mit dem Finger nach Berlin zu zeigen. Auch die Landesregierung muss ihre Hausaufga-ben machen und mehr Geld für Personal und Infrastruktur zur Verfügung stellen. Wir brauchen Zukunftsgestaltung statt Mangelverwaltung!“
Tjark Sauer, ver.di NRW:
„Für ein Land gibt es keine Investition in die Zukunft, die mehr Rendite verspricht, als die Inves-tition in frühe Bildung. Jeder Euro, der heute investiert wird, führt zu einem gesellschaftlichen Mehrwert von 4 Euro. Diese ökonomische Erkenntnis ist bereits Jahrzehnte alt. Sie hat nicht zum Handeln geführt, weil die Folgen immer erst zeitversetzt spürbar sind. Lange Zeit haben die Kolleginnen und Kollegen im Bildungssystem die Mängel aufgefangen, oft zu Lasten ihrer eige-nen Gesundheit, doch jetzt ist der Kipppunkt erreicht. Wenn nicht schnell gehandelt wird, kol-labiert das System. Mit unmittelbaren Folgen für unser Zusammenleben und die Wirtschaft, aber noch dramatischeren Wirkungen in die Zukunft. Deshalb senden wir heute als breites Bündnis ein Signal an die politisch verantwortlichen in Land, Bund und Kommunen: Ein „Weiter so“ darf es nicht geben. Wir brauchen endlich ein Sondervermögen für Bildung. Aber auch deutlich hö-here regelmäßige Ausgaben für ein Bildungssystem, das Inklusion, Chancengleichheit und hoch-wertige Bildung für alle, bei guten Arbeitsbedingungen für die Beschäftigten, sichern kann!“
Stefan Schoo, Sprecher des NRW-Bündnisses, Teachers for Future Germany e.V.
„Bildung für nachhaltige Entwicklung ist zentral, um den Herausforderungen des 21. Jahrhun-derts, insbesondere der Klimakrise, zu begegnen. Zukunftsfähige Bildung braucht neben finanzi-ellen und personellen Ressourcen neue Lernformate, die Kinder und Jugendliche befähigen, sich aktiv für eine nachhaltige Gesellschaft einzusetzen."
Christian Beckmann, Sprecher des NRW-Bündnisses, Vorsitzender der LEK NRW:
„Die Bildung unserer Kinder – unserer Zukunft - darf nicht (noch weiter) vor die Wand gefahren werden. Wir brauchen einen größeren Fokus auf den Bildungssektor, und weniger leere Ver-sprechen. Bereits 2008, beim Dresdner Qualitätsgipfel, wurden seitens der Politik 10% vom BIP für Bildung und Wissenschaft zugesagt, das wurde nie auch nur ansatzweise erreicht. Daher dür-fen wir uns jetzt, bei einem bundesweiten Investitionsstau von 47 Mrd. €, auch nicht über marode oder fehlende Schulen bzw. zu große Klassen wundern. Darum muss es jetzt heißen: Bildung in den Mittelpunkt!“
Olaf Wittrock, Sprecher der Kölner Initiative „Die Abgelehnten“ und des Orga-Teams für den Kölner Protesttag im Bündnis „Bildungswende jetzt!“:
„In Köln als größter Stadt in NRW kann man die Folgen der jahrelangen Versäumnisse in der Bil-dungspolitik wie im Brennglas beobachten. Bildungskrise ist ja nicht abstrakt, sondern trifft uns alle ganz konkret. Es gibt viel zu wenige Kita- und Schulplätze, so dass die Platzvergabe zum Glücksspiel verkommen. Die Stadt lässt Schulgebäude verrotten. Mehr als 100 Schulen im Regierungsbezirk sind inzwischen ohne Leitung, weil sich offenbar niemand mehr findet, der den Job noch machen will. Die Verwaltung ist zerstritten, die Politik uneins, die Eltern ziehen weg – und die Stadtspitze sieht tatenlos zu. So spitzt sich die Lage hier von Jahr zu Jahr zu. Bildung ist in Köln längst kein Standortfaktor mehr, sondern ein Standortrisiko. Das muss sich sofort ändern. Auch deshalb organisieren wir den Bildungsprotest.“
Hintergrund:
Den Bildungsappell und alle Unterzeichner*innen können Sie hier finden: www.bildungswende-jetzt.de Im Rahmen des bundesweiten Bildungsprotesttages demonstrierten deutschlandweit an vielen Orten Menschen für eine echte Veränderung im Bildungssystem. Eine Übersicht über die Demonstrationsorte finden Sie ebenfalls auf der Seite des Bündnisses.
Initiatoren des Bildungsappells sind die Bildungskampagne „Schule muss anders”, „Teachers for Future Germany e. V.” und die Elternvertretung „ARGE-SEB”. Zu den Unterzeichner*innen zäh-len die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW), ver.di, der Deutsche Gewerkschafts-bund (DGB), der Bundeselternrat, das Bundeselternnetzwerk der Migrantenorganisationen für Bildung & Teilhabe (bbt), die Bundeselternvertretung für Kinder in Kindertageseinrichtungen und Kindertagespflege (BEVKi), der Bundesverband der Kita- und Schulfördervereine, die Födera-tion der Türkischen Elternvereine, der Bildungsrat von unten, die Omas for Future, mehrere Landesschüler*innenvertretungen, Greenpeace, Fridays for Future u. v. a..