lautstark. 23.03.2023

Wenn Studierende Nachwuchs bekommen

Wissenschaft und ForschungAusbildung

Schwangerschaft und Kinderbetreuung während des Studiums

Du studierst, bist schwanger und weißt nicht, welche Regelungen für dich während der Schwangerschaft und anschließend bei der Kinderbetreuung gelten? Wir geben dir Antworten auf die drängensten Fragen.

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  • Ausgabe: lautstark. 02/2023 | Wie willst du studieren?
  • Autor*in: Anna Cannavo
  • Funktion: Expertin der GEW NRW fürs Studium
Min.

Sollten schwangere Studierende der Hochschule mitteilen, dass sie ein Kind erwarten?

Es besteht keine Verpflichtung, deine Schwangerschaft der Hochschule zu melden. Die Schutzrechte nach dem Mutterschutzrecht können allerdings weitestgehend erst in Anspruch genommen werden, wenn deine Hochschule über deine Schwangerschaft Bescheid weiß. Je eher du deine Hochschule über deine Schwangerschaft informierst, desto eher können demnach Schutzmaßnahmen für dich und dein ungeborenes Kind getroffen werden. Einen optimalen Meldezeitpunkt gibt es allerdings nicht. Du entscheidest, wann für dich der richtige Zeitpunkt gekommen ist, deiner Hochschule deine Schwangerschaft mitzuteilen.

Gibt es für schwangere Studierende eine Regelung zum Mutterschutz? 

Mutterschutz gibt es nach dem Mutterschutzgesetz § 1 Absatz 2 Nummer 8 auch für Studierende. Falls durch die Teilnahme an verpflichtenden Veranstaltungen wie Prüfungen oder Praktika eine Gefährdung entsteht, musst du an diesen nicht teilnehmen. Auch ohne Gefährdungsgrund musst du an diesen Formaten nicht teilnehmen, wenn sie innerhalb der Mutterschutzfristen – sechs Wochen vor dem Entbindungstermin und acht Wochen nach der Entbindung – stattfinden. Während der Mutterschutzfrist kannst du an Veranstaltungen, Prüfungen und Praktika teilnehmen, wenn du dies ausdrücklich verlangst und der Hochschule mitteilst. Diese Teilnahme kannst du jederzeit widerrufen. 

Darüber hinaus besteht für dich als schwangere und stillende Person grundsätzlich von 22 bis 6 Uhr sowie an Sonn- und Feiertagen von 20 bis 22 Uhr ein Tätigkeitsverbot. Auf eigenen Wunsch kannst du in den genannten Zeiträumen trotzdem an universitären Veranstaltungen teilnehmen, wenn du dies ausdrücklich gegenüber der Hochschule erklärst und eine Teilnahme zum Ausbildungszweck erforderlich ist.

Haben schwangere Studierende einen Anspruch auf Mutterschaftsgeld?

Anspruch auf Mutterschaftsgeld, das eine Entgeltersatzleistung ist, hast du nur dann, wenn du zusätzlich zu deinem Studium einen Nebenjob hast und gesetzlich versichert bist. Sollte dies der Fall sein, nimm Kontakt zu deinem Arbeitgeber und deiner Krankenkasse auf. Für den Fall, dass du privat versichert oder bei der gesetzlichen Krankenkasse familienversichert bist, kannst du beim Bundesamt für Soziale Sicherung einmalig ein Mutterschaftsgeld von 210 Euro beantragen.

Können studierende Eltern Elterngeld beziehen?

Wenn du ein eigenes Kind hast und studierst, hast du Anspruch auf Elterngeld, wenn du folgende Voraussetzungen erfüllst:

  • Du kümmerst dich nach der Geburt selbst um dein Kind,
  • du und dein Kind leben in einem gemeinsamen Haushalt,
  • du bist neben deinem Studium nicht oder maximal 32 Stunden pro Woche erwerbstätig.

Die Höhe des Elterngeldes ist abhängig von deinem Einkommen im Bemessungszeitraum. Gehst du ausschließlich deinem Studium nach, erhältst du den Mindestbeitrag. Dieser liegt beim Basiselterngeld bei 300 Euro und beim Elterngeld Plus bei 150 Euro pro Monat.

Wenn du zusätzlich zu deinem Studium noch einem Nebenjob nachgehst, hängt dein ausgezahltes Elterngeld von deinem Einkommen ab. In der Regel beträg das Elterngeld 65 Prozent des Elterngeld-Nettos. Wenn du ein geringes Einkommen hast, erhöht sich der Prozentsatz auf 67 Prozent. Liegt dein Einkommen unter 1.000 Euro Elterngeld-Netto, erhöht sich der Satz fürs Elterngeld weiter um 1 Prozent je 20 Euro, die dein Einkommen unter den 1.000 Euro liegt. 

Haben Studierende Anspruch auf Elternzeit?

Anspruch auf Elternzeit hast du, wenn du einer Erwerbstätigkeit nachgehst. Dein Studium allein gilt nicht als Erwerbstätigkeit. Wenn du allerdings neben deinem Studium einem Nebenjob nachgehst, erfüllst du die Bedingung und hast somit Anspruch auf Elternzeit. 

Wie wirken sich Schwangerschaft, Mutterschutz oder die Pflege eines Kindes auf den Bezug von BAföG aus?

Durch die Schwangerschaft und die Kindererziehung ergeben sich Änderungen beim Bezug von BAföG:

Kinderbetreuungszuschlag: Lebt mindestens ein eigenes Kind in deinem Haushalt, das das 14. Lebensjahr noch nicht vollendet hat, erhöht sich dein BAföG-Satz um 160 Euro.

Förderung bei Ausbildungsunterbrechung: In der Regel bekommst du die Förderung nur ausbezahlt, sofern du tatsächlich deinem Studium nachgehst. Wenn du aufgrund deiner Schwangerschaft dein Studium unterbrechen musst, beispielsweise durch Mutterschutzfristen, kannst du BAföG trotzdem bis zu drei Monate weiter erhalten.

Solltest du dein Studium länger als drei Monate unterbrechen, erhältst du kein BAföG mehr – möglicherweise hast du dann Anspruch auf Bürgergeld.

Verlängerung der Förderung: Durch deine Schwangerschaft und die Kindererziehung entstehen für dich zusätzliche Belastungen, die durch eine Verlängerung der Förderung ausgeglichen werden sollen.  Folgende Verlängerungszeiten gelten für Schwangerschaft und Kindererziehung:

  • für die Schwangerschaft: 1 Semester, - bis zu Vollendung des 5. Lebensjahres des Kindes: 1 Semester pro Lebensjahr,
  • für das 6. und 7. Lebensjahr des Kindes: insgesamt 1 Semester,
  • für das 8. bis 10. Lebensjahr des Kindes: insgesamt 1 Semester,
  • für das 11. bis 14. Lebensjahr des Kindes: insgesamt 1 Semester.

Freibeträge beim Nebenverdienst: Wenn du neben deinem Studium und der Kindererziehung zusätzlich einen Nebenjob hast, erhöht sich nach § 23 Absatz 1 Nummer 3 des Bundesausbildungsförderungsgesetzes dein Freibetrag im Nebenverdienst mit jedem Kind um 730 Euro. Du kannst also bis zu 730 Euro mehr verdienen, ohne dass dein BAföG-Satz gekürzt wird. Zu beachten ist hierbei, dass dein Kind sich nicht selbst in einer förderungsfähigen Ausbildung befinden darf.

Darlehensrückzahlung: Durch deine Kinder entsteht eine höhere finanzielle Belastung, die auch bei der Darlehensrückzahlung berücksichtigt wird (§§ 18 ff. BAföG) Bei einem geringen Einkommen kannst du einen Freistellungsantrag stellen. Dein anrechenbares Einkommen ver-ringert sich für jedes Kind, das sich nicht selbst in einer förderungsfähigen Ausbildung befindet. Für Alleinerziehende besteht die Möglichkeit, zusätzlich für die Kinderbetreuung monatlich 175 Euro für das erste Kind und 85 Euro für jedes weitere Kind geltend zu machen.

Muss die Hochschule einen besonderen Gesundheitsschutz für Schwangere sicherstellen? Wenn ja, was beinhaltet dieser? Erfolgt eine individuelle Gefährdungsbeurteilung?

Die Hochschule ist verpflichtet, nach § 5 Arbeitsschutzgesetz eine Gefährdungsbeurteilung durchzuführen. In diesem Rahmen muss nach § 10 Mutterschutzgesetz jede Tätigkeit ebenfalls auf mögliche Gefährdungen für schwangere oder stillende Personen geprüft werden – die sogenannte anlasslose Gefährdungsbeurteilung.
Sobald du deiner Hochschule mitgeteilt hast, dass du schwanger bist, muss die Hochschule eine anlassbezogene Gefährdungsbeurteilung mit dir durchführen. Dabei wird die anlasslose Gefährdungsbeurteilung zugrunde gelegt, mit deinem Studiumsverlauf abgeglichen und gegebenfalls Änderungen bei der Gefährdungsbeurteilung vorgenommen.

Können sich schwangere und stillende Studierende aufgrund ihrer Schwangerschaft beurlauben und/oder von Prüfungen befreien lassen? Wie lange dürfen sie ihr Studium pausieren?

Du hast die Möglichkeit, während oder nach deiner Schwangerschaft ein bis zwei Urlaubssemester zu nehmen. Dabei musst du folgendes beachten:

  • Urlaubssemester werden als Hochschulsemester gezählt, wodurch sich deine Studienzeit verlängert.
  • In Urlaubssemestern hast du keinen Anspruch auf BAföG.
  • Du selbst hast zum größten Teil in Urlaubssemestern keinen Anspruch auf Kindergeld.
  • Urlaubssemester wirken sich auf deine Sozialversicherung aus. Solltest du neben dem Studium arbeiten und Urlaubssemestern beantragen, bist du in dieser Zeit voll sozialversicherungspflichtig.

Falls Urlaubssemester für dich nicht in Frage kommen, dann berücksichtige für dein Studium, dass du während der Schwangerschaft und in der Stillzeit das Recht hast, dich für Untersuchungen im Rahmen der Schwangerschaft und zum Stillen deines Kindes freistellen zu lassen.

Welche finanziellen Unterstützungsleistungen können Studierende mit Kind in Anspruch nehmen?

Ergänzend zu deinem Anspruch auf Elterngeld und Mutterschaftgeld und zu den Änderungen im Anspruch beim BAföG kannst du folgende Unterstützungsangebote in Anspruch nehmen:

Kindergeld: Das Kindergeld erhalten alle Familien unabhängig von ihrem Einkommen. Wenn dein Kind unter 18 Jahre alt ist, hat eure Familie auf jeden Fall Anspruch auf Kindergeld – unter bestimmten Voraussetzungen kann sich der Bezugszeitraum auch verlängern. Beim Kindergeld ist zu beachten, dass pro Kind nur eine berechtigte Person das Kindergeld erhält. Das Kindergeld beträgt 250 Euro pro Kind.

Kinderzuschlag: Wenn du Kindergeld erhältst, kannst du zudem prüfen, ob du einen Anspruch auf den Kinderzuschlag (KiZ) hast. Hierfür müssen folgende Voraussetzungen gegeben sein:

  • Du erhältst für dein Kind Kindergeld.
  • Dein Kind lebt bei dir im Haushalt und ist nicht verheiratet oder verpartnert.
  • Deine Einnahmen erreichen die Mindesteinkommensgrenze von 600 Euro, wenn du alleinerziehend bist. Seit ihr ein Elternpaar müsst ihr die Mindesteinkommensgrenze von 900 Euro erreichen.
  • Dein Einkommen, das auf den Kinderzuschlag angerechnet wird, darf nicht so hoch sein, dass sich der Kinderzuschlag auf null reduziert.

Mit dem KiZ-Lotsen der Familienkasse kannst du deinen Anspruch unkompliziert prüfen. Wenn du Anspruch auf den Kinderzuschlag hast, entfallen für dich zudem die Kita-Gebühren.

Bildung und Teilhabe: Wenn du Anspruch auf den Kindezuschlag hast, kannst du ebenfalls Leistungen für Bildung und Teilhabe (BuT) erhalten. Leistungen für Bildung und Teilhabe erhältst du auch, wenn du beispielsweise Bürgergeld, Sozialgeld oder Wohngeld beziehst. Mit den BuT-Leistungen werden Angebote aus dem Bereich Kultur und Bildung gefördert, um deinem Kind eine persönliche Entfaltung und gesellschaftliche Teilhabe zu ermöglichen 
Die BuT-Leistungen umfassen:

  • eintägige Schul- und Kitaausflüge (tatsächliche Kosten),
  • mehrtägige Klassen- und Kitafahrten (tatsächliche Kosten),
  • der persönliche Schulbedarf (insgesamt 174 Euro pro Kind pro Schuljahr),
  • die Beförderung von Schüler*innen zur Schule (tatsächliche Kosten),
  • Lernförderung (tatsächliche Kosten),
  • die Teilnahme an einer gemeinschaftlichen Mittagsverpflegung in Schule oder Kindertageseinrichtungen (tatsächliche Kosten),
  • die Teilnahme am sozialen und kulturellen Leben in der Gemeinschaft (zum Beispiel in einem Sportverein oder in der Musikschule in Höhe von 15 Euro monatlich).

Finanzielle Hilfen für schwangere Frauen in Notlagen der Bundesstiftung „Mutter und Kind“: Wenn du schwanger bist und die Sozialleistungen, die du erhältst nicht genügen oder du diese nicht rechtzeitig erhältst, hast du die Möglichkeit über die Bundesstiftung „Mutter und Kind“ finanzielle Hilfen zu beantragen. Den Antrag musst du im Rahmen eines Gesprächs in einer Schwangerschaftsberatungsstelle bereits während deiner Schwangerschaft stellen.

Wohngeld: Einen Anspruch auf Wohngeld kannst du haben, wenn du nicht bereits Sozialleistungen erhältst, die deine Wohnkosten bereits berücksichtigen, wie Bürgergeld oder BAföG. Die Höhe des Wohngelds hängt von drei Faktoren ab:

  • Anzahl der Personen, die in deiner Wohnung leben,
  • monatliches Einkommen der Personen, die in deiner Wohnung leben und
  • Höhe der Miete.

Ob du einen Anspruch auf Wohngeld hast und wie hoch dieser ausfällt, kannst du unkompliziert mit dem Wohngeldrechner des Bundesministeriums für Wohnen, Stadtentwicklung und Bauwesen ermitteln.