Begründet wird der Schritt der Landesregierung unter anderem damit, dass die Qualität des Unterrichts in Sprache und Mathematik verbessert werden soll. Ob das gelingt, ist fraglich, wenn gleichzeitig die praktische Ausbildungszeit gekürzt wird. Die Ausbildung in allen drei Fächern gab es vor vielen Jahren schon einmal. Damals dauerte sie allerdings noch 24 statt jetzt 18 Monate.
Keine Verbesserung in der Qualität der Ausbildung
Auf den ersten Blick scheint es sinnvoll zu sein, in allen drei Fächern auch in der zweiten Phase der Grundschulausbildung auszubilden. Die Änderung der OVP erweitert das fachbezogene Spektrum, führt aber nur scheinbar zu einer Verbesserung der Qualität der Ausbildung. Konsequent soll dies nicht umgesetzt werden, da die Ausbildung in Sprache und Mathematik gemeinsam in einem kombinierten Fachseminar erfolgen soll. Die Proteste der betroffenen Fachleiter*innen sind groß.
Auswirkungen auf die schulische Ausbildung
- Wenn Sprache und Mathematik ein Ausbildungsfach bilden, umfasst der Ausbildungsunterricht in diesen beiden Fächern zusammen genauso viele Stunden wie der im dritten Fach. Die LAA machen weniger Erfahrungen und erhalten weniger Entwicklungsmöglichkeiten in den beiden zusammengefassten Fächern.
- Um Sprache und Mathematik gleichzeitig in zwei Jahrgangsstufen zu unterrichten, müsste es im Laufe der 18 Monate einen Wechsel der Ausbildungsklassen geben, wodurch wiederum die wichtige Beobachtung der Kinder über einen längeren Zeitraum wegfällt.
- Der verringerte Unterricht der LAA gerade in Sprache und Mathematik führt zu Lehrkräftewechseln im Fachunterricht. In den Grundschulen wird möglichst nach dem Klassenlehrer*innenprinzip unterrichtet, das heißt viele Fächer werden von einer*m Lehrer*in erteilt. Eine Teilung innerhalb eines Fachs sollte aus pädagogischen Gründen vermieden werden.
- Die Teilnahme an zusätzlichen Fachkonferenzen im dritten Fach, die Notwendigkeit zusätzlicher Absprachen mit den Fachlehrer*innen, die Einarbeitung in Methodik und Didaktik in einem weiteren Fach belasten die LAA zusätzlich.
- In vielen Klassen wird Mathematik und Sprache nicht von derselben Lehrkraft unterrichtet. Deswegen werden mehr Mentor*innen benötigt.
- Die Organisation des selbstständigen Unterrichts wird deutlich erschwert und stellt gerade kleine Schulen vor Probleme.
- Die Unruhe, die jetzt schon durch fehlende Lehrkräfte, viele Vertretungskräfte und Seiteneinsteiger*innen in den Grundschulen herrscht, wird durch die geplante Veränderung der Ausbildung der LAA erhöht.
Zweifel an der Änderung der OVP
Aus fachlicher Sicht ist das neue Fachseminar kritisch zu hinterfragen. Wird der Unterricht in Sprache und Mathematik besser, wenn die Lehrkräfte in diesen beiden Fächern in der zweiten Phase der Ausbildung nur halb so intensiv ausgebildet werden wie in Sachunterricht, Kunst oder Sport? Oder ist eine gute Ausbildung in zwei Fächern nicht eher die Grundlage dafür, sich später auch in die Methodik und Didaktik weiterer Fächer einzuarbeiten?
Vor dem Hintergrund des eklatanten Mangels an grundständig ausgebildeten Lehrkräften mit dem Lehramt Grundschule ist zudem aus schulischer Sicht zu fragen: Wird die Attraktivität des Berufs erhöht oder werden durch die geplante Änderung der OVP neue Hürden aufgebaut? Die überfällige Erhöhung der Besoldung lässt auch noch auf sich warten. Welche Entlastung gibt es für die Kolleg*innen und Schulleiter*innen, die durch diese Änderung stärker belastet sind?