Gesellschaft 25.11.2022

Nein zur Gewalt an Frauen

  • Autor*in: Kerstin Salchow
  • Funktion: Stellvertretende Vorsitzende der GEW NRW

Internationaler Mahn- und Gedenktag weist auf Missstände hin

Anlässlich des Internationalen Tages gegen Gewalt an Frauen machen wir deutlich: Auch in Deutschland ist Gewalt gegen Mädchen und Frauen weiterhin erschreckende Realität. Auch im Bildungsbereich.

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Gewalt ist eines der größten Gesundheitsrisiken für Frauen, bilanziert die Weltgesundheitsorganisation (WHO). Zur Gewalt an Frauen gehören Vergewaltigung, häusliche Gewalt, Zwangsheirat, Femizide oder Menschenhandel – um nur einige davon zu nennen.

Das gilt auch für Deutschland: Jeden Tag findet ein Tötungsversuch an einer Frau und jeden dritten Tag stirbt eine Frau durch die Hand ihres (Ex-)Partners.

Laut einer Studie des Bundesfamilienministeriums hat fast jede zweite Frau eine Form von physischer oder psychischer Gewalt erfahren, jede vierte innerhalb der eigenen Familie. Die Frauenhäuser sind überfüllt. Sicherlich muss man sagen: Das ist kein "ausländisches" Problem. Dennoch: In anderen Ländern sieht es noch wesentlich schlimmer aus, wie wir zurzeit durch die aktuelle Protestwelle im Iran erkennen können. 

Proteste im Iran

Die Parole „Jin, Jiyan, Azadî“ (Frau, Leben, Freiheit) ist sowohl in Iran als auch in den Protesten außerhalb des Landes überall zu hören. Ausgelöst wurde die Protestwelle durch den Tod der 22-jährigen kurdischen Iranerin Mahsa (Jina) Amini, die von der Teheraner Sittenpolizei verhaftet und getötet wurde, weil ihr Kopftuch das Haar nicht vollständig bedeckt hat. Viele der Protestierenden im Iran sind vor allem Frauen, schnell haben sich aber auch viele Männer mit ihnen solidarisiert. Wir erleben eine der große feministischen Protestbewegungen mit z. T. mörderischen Repressionen der Regierung. Die Polizei geht hart gegen die Demonstrant*innen vor. Dutzende Menschen sollen mittlerweile ums Leben gekommen sein und tausende Menschen sitzen in den Gefängnissen und warten auf ihr Urteil, dass auch der Tod sein kann. 

Gewalt und Belästigung an Bildungseinrichtungen: Kein Einzelfall

Umso wichtiger ist es, dass Deutschland, indem die Menschenrechte und die Gleichstellung der Frau im Grundgesetzt verankert ist, das Problem geschlechtsspezifischer Gewalt endlich eindämmt. Aber auch in Bildungseinrichtungen ist Gewalt kein Einzelfall, auch nicht sexualisierte Gewalt. Eine Studie bewies erst kürzlich: Eine*r von drei Studierenden und Mitarbeiter*innen an Hochschulen hat zumindest eine Form sexualisierter Gewalt erlebt. 

Gewalt und Belästigung in der Arbeitswelt müssen geächtet und bekämpft werden. Im Juni 2019 hat die Internationale Arbeitsorganisation (ILO) ihr Übereinkommen C 190 gegen Gewalt und Belästigungen in der Arbeitswelt verabschiedet. Es regelt verbindliche Mindeststandards und setzt Grenzen, um Beschäftigte vor Gewalt und sexueller Belästigung am Arbeitsplatz zu schützen. Deutschland bekennt sich zwar dazu, doch bis heute ist das Übereinkommen nicht umgesetzt. Der Deutsche Gewerkschaftsbund, zu dem auch wir als Bildungsgewerkschaft gehören, fordert eine zügige Unterzeichnung des Abkommens. 

Eine mittel- bis langfristige Verbesserung wird vor allem eine geschlechtersensible Erziehung von der Kita bis zur weiterführenden Schule ermöglichen. Dafür braucht es gesamtgesellschaftliche Sensibilität dafür, diese wichtige Aufgabe wahrzunehmen und die Beschäftigten durch Fort- und Weiterbildungen dazu zu befähigen. Und es braucht Zeit im gesamten Bildungssystem, um überhaupt einer solchen Aufgabe gewachsen zu sein. Auch hier zeigen sich die gravierenden Folgen davon, wenn wir den Beschäftigten im Bildungsbereich nicht Raum und Zeit geben, ihre wichtige pädagogische Arbeit anständig umzusetzen.