Rein rechnerisch verliert jede dritte der 35 Grundschulen im Kreis Münster eine Lehrkraft. Als eine Konsequenz werden alle Grundschulen im neuen Schuljahr nur noch nach dem Minimalplan arbeiten können. Einen Puffer für Erkrankungen gibt es nicht mehr, Mehrarbeit und zusätzliche Belastung ist unvermeidlich.
Die Folgen für kleine Grundschulen, von denen es im ländlichen Raum einige gibt, sind besonders fatal. So wird voraussichtlich eine Schule mit acht Klassen und acht Kolleginnen ab dem 1. August nur noch mit sieben Lehrerinnen auskommen müssen. Die Folgen sind offensichtlich.
Folgen für Schulen und Kolleg*innen sind fatal
Natürlich sind die Kolleg*innen im Kreis Coesfeld solidarisch mit den Lehrkräften im Ruhrgebiet und wollen unterstützen. Was die betroffenen Lehrer*innen auf sich nehmen müssen, ist enorm – privat und beruflich. Allein die zusätzliche Fahrzeit von bis zu drei Stunden pro Tag greift grundlegend in das Privat- und vor allem in das Familienleben der Lehrkräfte ein.
Zudem führen die Abordnungen ins Ruhrgebiet zu einem Dominoeffekt innerhalb des Kreises: Das Schulamt sieht sich gezwungen, die entstandenen Lücken durch Abordnungen und Teilabordnungen auszugleichen, um jede Grundschule angemessen versorgen zu können. Obwohl es den Personalräten gelungen ist, mit der Bezirksregierung den Schutz besonders belasteter Beschäftigtengruppen zu vereinbaren, sind die infrage kommenden Kolleg*innen zum Teil älter als 60 Jahre, Tarifbeschäftigte, Lehrerrät*innen und Kolleg*innen mit ernsten gesundheitlichen Problemen.
GEW NRW unterstützt Tarifbeschäftigte im Klageverfahren
Besonders brisant ist die geplante Abordnung eines tarifbeschäftigten Kollegen, der zudem noch unter starken gesundheitlichen Einschränkungen leidet. Die GEW NRW ist der Ansicht, dass Angestellten zu der ohnehin vorhandenen Benachteiligung nicht zusätzlich noch eine Abordnung über eine lange geografische Distanz zugemutet werden darf. Für den Fall, dass der Kollege klagt, steht ihm die volle juristische Unterstützung der Gewerkschaft zur Verfügung.
Kollegien der Schulen sind besorgt
Eine endgültige Entscheidung steht bei den meisten Betroffenen noch aus. Viele von ihnen haben wichtige Argumente gegen ihre Abordnung vorgebracht. Die Anhörungsverfahren laufen noch und in vielen Fällen wird nun auch der Amtsarzt hinzugezogen. In den Kollegien ist klar: Werden die Gründe der betroffenen Kolleg*innen von der Bezirksregierung akzeptiert, geht die Suche nach neuen Kandidat*innen weiter. Die Unruhe in den Kollegien wächst stetig. Die Sorge, dass man selbst ausgewählt werden könnte, ist in den Lehrer*innenzimmern spürbar und belastet die Arbeitsatmosphäre stark.
Auf besonderes Unverständnis stößt in den Kollegien die Tatsache, dass parallel zu den elf „Zwangsabordnungen“ eine fast ebenso große Zahl junger Berufsanfänger*innen am 1. August ihren Dienst im Kreis Coesfeld aufnehmen wird.
Diese kurzfristigen Maßnahmen auf Kosten der Kolleg*innen sind nur ein Tropfen auf den heißen Stein und lösen die Grundproblematik nicht. Die GEW NRW hat bereits konkrete Vorschläge entwickelt, wie der Unterversorgung in bestimmten Regionen zügig, nachhaltig und sozialverträglich entgegengewirkt werden kann. Jetzt muss die neue Landesregierung umgehend entsprechende Maßnahmen liefern.
Redaktioneller Hinweis: Dieser Text ist Teil einer umfassenden Serie zum Thema Lehrkräftemangel in NRW, der in den kommenden Wochen von unterschiedlichen Standorten und aus unterschiedlichen Perspektiven beleuchtet wird.