Bildungspolitik 28.01.2021

Kitas im eingeschränkten Pandemiebetrieb

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Szenen in der Corona-Pandemie in NRWs Kitas: Zwischen Appell und Konflikt

NRWs Kitas sind seit Wochen im eingeschränkten Pandemiebetrieb. Die Kinder müssen in festen Gruppen mit konstanten Bezugspersonen betreut werden. Die Gruppenstärken werden vonseiten des NRW-Familienministeriums nicht reduziert. Die Eltern sollen entscheiden, ob sie ihr Kind in die Kita bringen oder zu Hause lassen.

  • Autor*in: Waltraud Mertens, Joyce Abebrese
  • Funktion: Expertin für Kitas der GEW Bonn, Expertin für Kitas der GEW NRW
Min.

Die Einrichtungen stehen wegen der unbeständigen Regelungen und der Wahlfreiheit der Eltern zur Betreuung vor großen Herausforderungen: In etlichen Einrichtungen sind viele bis beinahe alle Kinder anwesend, entgegen der Empfehlung und des Appells des Ministeriums an die Eltern. 37,5 Prozent der Kinder waren in der Woche vom 18. bis 22. Januar in den Einrichtungen – eine steigende Tendenz. 

Konfliktfeld 1: Pandemie trifft auf Fachkräftemangel

Der stetig steigende Fachkräftemangel in den letzten Jahren zeigt sich erst recht in Zeiten der Pandemie. Erkranken Kolleg*innen oder haben beispielsweise Urlaub, müssen gegebenenfalls Gruppen geschlossen werden, weil die Gruppenerzieher*innen nicht gewechselt werden dürfen.

Das bedeutet für die Eltern, die Kinder müssen zu Hause bleiben. Das hat Minister Dr. Joachim Stamp in seiner Presseerklärung und dem Brief an die Eltern leider vergessen zu erwähnen. Diese Tatsache mussten Träger und Einrichtungen den Erziehungsberechtigten mitteilen. 

Konfliktfeld 2: Verunsicherung durch Fehlen klarer Vorgaben

In den Kitas fehlt es an klaren Vorgaben für die Lockdown-Regelungen. Träger, Einrichtungen und Eltern brauchen Planungssicherheit. Es muss nachprüfbare Kriterien geben, ab welchem Infektionsgeschehen in den Einrichtungen, welche Maßnahmen zu ergreifen sind, damit nicht jedes Mal bei Infektionen in den Einrichtungen der ganze Verwaltungsapparat neu in Gang gesetzt werden muss. Das bedeutet eine enge Zusammenarbeit zwischen Jugendämtern, Einrichtungen und Gesundheitsämtern.

Die Vergangenheit hat gezeigt, dass viel Zeit und Nerven nötig waren, um überhaupt eine gültige, verlässliche Rückmeldung für Maßnahmen von den Gesundheitsämtern zu bekommen. Das hat Einrichtungen und Eltern verunsichert und auf beiden Seiten zu viel Ärger, Unmut und Konflikten vor Ort geführt. Ohne klare Regelungen wird dies immer wieder geschehen.

Konfliktfeld 3: Was passiert nach dem Lockdown?

Es ist gut möglich, dass der Lockdown am 14. Februar 2021 nicht aufgehoben wird, weil die Infektionszahlen, der Inzidenzwert und vor allem der R-Wert nicht sinken. Was dann? Wird es neue Verordnungen geben mit neuen Ausführungsbestimmungen, die erneut nicht klar formuliert sind beziehungsweise die wichtigen Entscheidungen den Eltern überlassen?

Konfliktminimierung: Planungssicherheit und klare Regelungen 

Die Kitas in NRW brauchen

  • Planungssicherheit – und zwar länger als für zwei bis drei Wochen.
  • rechtzeitige Planungen, wenn möglich, und nicht erst fünf Tage vor dem aktuellen Lockdown-Ende, damit Zeit für die Umsetzung bleibt.
  • klare Vorgaben, die für alle Gültigkeit haben.
  • transparente Entscheidungskriterien für geregelte Abläufe, wenn sich Situationen vor Ort verändern, um nicht die gesamten Verwaltungsabläufe zu wiederholen. Das Beispiel aus Bremen zeigt, wie es besser funktionieren könnte: Dort gibt es einen verbindlichen Kriterienkatalog mit einem Reaktionsstufenplan für Kitas. Dabei sind wie bei einer Ampel in unterschiedlichen Farbstufen die Infektionszahlen und die dazu erforderlichen Maßnahmen festgelegt. Das ist eine klare Vorgabe, bei der alle Beteiligten wissen, was zu tun ist und die nicht in jeder Situation infrage gestellt werden muss.
  • politisch, öffentlich getätigte Zusagen für Familien, die zuverlässig und finanziell abgeklärt sind und nicht erst nach einer Pressekonferenz durch die Gremien beschlossen werden (siehe Erhöhung der Krankheitstage). Das hat viele Familien verunsichert und die Anmeldezahlen für die Notbetreuungen erhöht.