Bildungspolitik 18.10.2024

Faktencheck zum Haushaltsentwurf

BildungsfinanzierungChancengleichheitLehrkräftemangel
  • Autor*in: Kenneth Rösen
  • Funktion: Experte der GEW NRW für Bildungspolitik

Gibt die Landesregierung wirklich mehr Geld für Bildung aus?

Die Landesregierung preist die Ausgaben für Bildung im Haushaltsentwurf 2025 als Rekordwert an. Doch investiert sie wirklich so viel ins Bildungssystem? Bildungsexperte der GEW NRW Kenneth Rösen hat sich die Zahlen genau angeschaut und macht den Faktencheck.

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Ausgaben für Schulbereich steigen - doch Zahlen lassen sich revidieren

"Wir geben 2025 in NRW mehr Geld für Bildung aus“, das verspricht die Landesregierung. Konkret kündigt NRW etwa 44 Milliarden Euro an, die in die Bildung fließen sollen. Das begrüßen wir grundsätzlich, denn jeder Euro in Bildung ist wichtig und richtig investiert. Für die Schulen sind 24,5 Milliarden Euro eingeplant – zehn Prozent mehr als im Vorjahr – stolze Zahlen, die sich revidieren lassen, denn sie bedürfen einer Einordnung: In diesem Jahr entspricht der Schulhaushalt 23,24 Prozent des Gesamthaushaltes. 2020 waren es noch rund 25 Prozent (siehe Grafik). Schon dieser kleine Rückgang bedeuten am Ende des Tages einiges. Läge in diesem Jahr der Anteil ebenfalls bei 25 Prozent, ständen knapp zwei Milliarden Euro mehr für Schulen zur Verfügung. Diese Tendenz lässt sich seit einiger Zeit beobachten: Zwar steigen die absoluten Ausgaben, aber in der Relation zum Gesamthaushalt sinken sie. Die Prognosen des Finanzministeriums bis zum Jahr 2028 bestärken den Abwärtstrend. Eine Priorisierung von Bildung sieht anders aus!

Quelle: Land NRW

Landesregierung wendet Haushalts-Trick an

NRW will mehr Lehrkräftestellen an allen Schulen schaffen. Für das Haushaltsjahr 2025 verspricht die Regierung ein Plus von 1.728 Lehrkräftestellen gegenüber dem Vorjahr. Das entspricht einer Steigerung um knapp unter einem Prozent. Die Schüler*innenzahl steigt dagegen lediglich um knapp 0,1 Prozent. Auf dem Papier ist das eine gute Entwicklung hin zu einer besseren Versorgung. Aber: Stellen unterrichten nicht! Schon jetzt fehlen rund 6.000 Lehrkräfte - gerade in Zeiten des Lehrkräftemangels wird das Ministerium für Schule und Bildung (MSB) die zusätzlichen Stellen also nicht besetzen und somit das zur Verfügung gestellte Geld nicht ausgeben können. Das weiß die Landesregierung genau und wendet hier einen Haushalts-Trick an: Finanzmittel, die ein Ministerium nicht verausgabt, fließen in den Gesamthaushalt zurück.

Bei 6.000 unbesetzten Stellen sind das mindestens 400 Millionen Euro,

  • die nicht an den Schulen ankommen und dem Schulsystem entzogen werden,
  • die nicht für den ursprünglichen Zweck der Bildungsangebote bzw. Förderangebote für Kinder verwendet werden.

Das Geld dient somit ausschließlich der Haushaltskonsolidierung. Der Anspruch der Landesregierung, benachteiligten Kindern und Jugendlichen die beste Bildung zu ermöglichen, wird so zur Worthülse. Deshalb fordert die GEW NRW: Wenn die Landesregierung es ernst meint mit der Priorisierung von Bildung, dann sollten die nicht verausgabten Mittel im Haushalt des MSB bleiben, damit das angedachte Geld den Schulen zugutekommt. 

NRW stellt Sozialindex rund 2.000 Stellen zu wenig zur Verfügung

Mit dem Sozialindex, der darauf abzielt, besonders sozial belastete Schulen mit mehr Ressourcen zu unterstützen, will NRW für mehr Bildungs- und Chancengerechtigkeit sorgen. Doch die Regierung weist im Haushaltsentwurf 2025 für den Sozialindex nicht genug Lehrkräftestellen aus. Das heißt: Nicht alle Schulen erhalten entsprechend ihrer Stufe zusätzliches Personal.

Wir haben uns die Zahlen genau angeschaut: Zum Schuljahr 2024/25 werden gerade einmal 781 Stellen von insgesamt 4.250 Stellen schulformübergreifend bis auf Ebene der einzelnen Schule nach dem Schulsozialindex zugewiesen. Der Haushaltsentwurf für das kommende Jahr verweist auf eben diese Zahlen. Der Stellenbedarf für einen Sozialindex, der stellenwirksam und direkt auf die Ebene der Einzelschule verteilt wird, beträgt in der aktuellen Fassung ca. 2.700 Stellen. Die Landesregierung lässt den Sozialindex damit am langen Arm verhungern, denn sie stellt ihm gut 2.000 Stellen weniger zur Verfügung, als die Bedarfe tatsächlich sind. Sollten Stellen an den Schulen nicht besetzt werden können, fordert die GEW NRW, die angedachten Ressourcen im Geiste des Mottos Ungleiches ungleich behandeln an den Schulen zu halten. Das heißt: Unbesetzte Stellen werden kapitalisiert und können für anderes pädagogisches Personal verwendet werden, bis die Stelle durch eine Lehrkraft besetzt werden kann. Nur so kann der schulscharfe Sozialindex endlich richtig wirksam gegen ungleiche Bildungschancen wirken.