Essen - Es fehlt nicht nur an Personal, es fehlt auch an gut ausgebildeten Fachkräften! Über 30.000 Menschen sind auf die Straße gegangen, um auf die katastrophale Situation in NRWs Kitas aufmerksam zu machen. Die Sorge, dass nicht entsprechend qualifizierte Beschäftigte in den Einrichtungen eingesetzt werden, ist groß und berechtigt. Das zeigt das Ergebnis des aktuellen „Ländermonitorings frühkindliche Bildung“. Auch in NRW versucht man den Platz- und Personalmangel in den Kitas durch den Einsatz von Mitarbeiter*innen aufzufangen, die nicht die Ausbildung einer grundständig ausgebildeten Erzieher*in mitbringen. Der Fachkräftemangel gefährdet nicht nur die Qualität der frühkindlichen Bildung, sondern führt zu einer immensen Überlastung der derzeit Beschäftigten, sodass viele Fachkräfte dem Erzieher*innenberuf den Rücken kehren wollen.
„Die Situation ist alarmierend“, warnt die Vorsitzende der GEW NRW, Ayla Celik. „Die Qualität der frühkindlichen Bildung ist essenziell für die weitere Bildungsbiografie unserer Kinder und vor allem für die Kinder aus benachteiligten Familien unerlässlich. Es ist die Pflicht der Landesregierung hier für ausreichend gut qualifiziertes Fachpersonal zu sorgen. Die Lücke von 20.000 fehlenden grundständig ausgebildeten Erzieher*innen lässt sich dauerhaft nicht mit Notfallmaßnahmen kompensieren, hierzu brauchen wir endlich eine zukunftsgerichtete und nachhaltige Ausbildungsoffensive, die über Legislaturperioden hinaus geht.“
Die heute ebenfalls vorgestellte TIMSS-Studie untersucht die Kompetenzen von Schüler*innen am Ende der vierten Jahrgangstufe in Mathematik und dem naturwissenschaftlichen Teil des Sachkundeunterrichts. 25% der Schüler*innen erreichen in Mathematik die Mindeststandards nicht, in den Naturwissenschaften sind es 30%. Im letzteren Bereich setzt sich der Abwärtstrend damit fort. Dazu die Gewerkschafterin:
„Die Ergebnisse der Studie zeigen leichte Rückgänge im Vergleich zu früheren Jahren. Auch wenn sich die Studienleitung und die KMK erleichtert darüber zeigen, dass die Ergebnisse durch Corona nicht noch schlechter geworden sind, so ist festzuhalten, dass seit der letzten Erhebung 2019 keine Verbesserung zu verzeichnen ist.
Einmal mehr verdeutlichen die Ergebnisse aber zweierlei: die Notwendigkeit einer verstärkten Förderung der MINT-Fächer (Mathematik, Informatik, Naturwissenschaft, Technik) und einer gezielten Unterstützung von Schüler*innen aus benachteiligten sozialen Gruppen. Es gibt nach wie vor Leistungslücken zwischen Schüler*innen unterschiedlicher sozialer Hintergründe. Die hier prioritär empfohlenen Maßnahmen wie eine bessere Lehrkräfteausbildung, Investitionen in technische Ausstattung und die Verringerung der Klassenstärken sind Maßnahmen, die die GEW NRW seit Jahren immer wieder einfordert.
Daraus können wir ableiten, dass das Schulsystem zum einen systematisch auf äußere Krisen vorbereitet werden muss und zum anderen für die Förderung der Kinder zusätzliche Ressourcen bereitgestellt werden müssen, wenn Bildung unabhängig von der sozialen Herkunft die Zukunft unserer Kinder und Jugendlichen sichern soll.
Für die Schwarz-Grüne Landesregierung und die bildungspolitischen Entscheiderinnen sollten diese Ergebnisse handlungsleitend sein. NRW hinkt mit seinen Bildungsausgaben dem bundesweiten Durchschnitt hinterher. Werden hier weiterhin entsprechende Ressourcen und Mittel nicht den Bedarfen entsprechend zur Verfügung gestellt, drohen viele Kinder langfristig nicht nur in Mathematik abgehängt zu werden, sondern auch, was ihre Zukunftsaussichten und Lebenschancen betrifft.
Dass in der Gesamtschau die Ergebnisse der Schüler*innen nicht schlechter geworden sind, liegt an dem unermüdlichen Engagement der Lehrkräfte, weit über ihre Belastungsgrenze hinaus sich zu engagieren – das sagen die KMK und die Studienleitung gleichermaßen.
Politische Fehlentscheidungen werden wie so häufig von den Beschäftigten vor Ort ausgetragen und auch ausgebügelt – das Mindeste müsste nun sein, dafür zu sorgen, dass den Beschäftigten die notwendigen Mittel und (Zeit-) Ressourcen zur Verfügung gestellt werden, damit sie pädagogisch didaktisch sinnvoll ihre Aufgabe erfüllen können, ohne dafür auszubrennen. Die Tatsache, dass die sozialen Disparitäten sich weiterhin auf einem sehr hohen Niveau befinden und seit Studienbeginn keine Verbesserung stattgefunden hat, wirft unweigerlich die Frage auf, warum bildungspolitisch auf die Befunde nicht hinreichend reagiert wird? Ich erwarte mehr Mut und den politischen Willen, endlich gegen die ungleichen Bildungschancen vorzugehen.“