Bergbau ist ein alter Hut? Von wegen! Die Branche bleibt bestehen – auch wenn mit der Zeche Prosper-Haniel in Bottrop Ende 2018 das letzte Bergwerk schließt und damit der subventionierte Steinkohlenbergbau in Deutschland zu Ende geht. Die Gewinnung mineralischer Rohstoffe ist dann immer noch die größte Massenbewegung der Welt.
Studierendenzahlen auf Rekordniveau und beste Jobchancen
Jedes Jahr werden weltweit mehr als 30 Milliarden Tonnen Baustoffe, Erze, Energierohstoffe und Industrieminerale abgebaut, die großen Anteil an unserem modernen Leben haben. Der Bergbausektor bietet daher viele berufliche Perspektiven. Das zeigen die aktuellen Studierendenzahlen an der Technischen Hochschule Georg Agricola (THGA) in Bochum: 2.500 Studierende sind an der ingenieurwissenschaftlichen Hochschule eingeschrieben. Ein neuer Rekord. Schon seit 1816 werden hier die Fachkräfte für den Bergbau im Ruhrgebiet ausgebildet – und das Interesse an rohstoffwissenschaftlichen Fächern ist ungebremst hoch, sagt Prof. Dr. Jürgen Kretschmann, Präsident der THGA: „Diese Entwicklung ist zwar sehr erfreulich, aber damit sind wir fast an der Grenze unserer Kapazität angelangt. Schließlich wollen wir eine familiäre Hochschule bleiben.“
2017 gab es bundesweit insgesamt etwa 5,52 Millionen Beschäftigte im Bergbau und im verarbeitenden Gewerbe, rund 400.000 mehr als noch zehn Jahre zuvor. „Fast jede*r unserer Abgänger*innen bekommt sofort einen Job, viele brauchen nur eine Bewerbung zu schreiben“, so Jürgen Kretschmann. Und dabei sei es nachrangig, ob sie ein Bachelor- oder ein Masterstudium in Bochum abgeschlossen haben. Die wenigsten Absolvent*innen werden allerdings dort arbeiten, wo die Generationen vor ihnen ihre Arbeitszeit verbrachten: unter Tage.
Perspektiven für den Bergbau und Studieren in Teilzeit
Das Studienangebot der Hochschule zeugt davon, wie sich die Branche und die damit verbundenen Berufsbilder über die Jahrzehnte verändert haben. Studierende erwerben ihren Bachelor oder Master in Fächern wie Rohstoffingenieurwesen, Geoingenieurwesen und Nachbergbau, Verfahrenstechnik, Elektrotechnik, Maschinenbau oder Wirtschaftsingenieurwesen. In den modernen Laboren der THGA entstehen intelligente Hightech-Materialien oder Ideen für die Industrie 4.0. Die meisten Fächer können dabei auch in Teilzeit studiert werden – ohne extra Studiengebühren. Die Kurse und Vorlesungen finden dann abends und am Wochenende statt, sodass sich Familie, Studium und Beruf gut miteinander vereinbaren lassen. Was heute als Heilmittel gegen den Fachkräftemangel gilt, hat an der THGA eine lange Tradition: Schon 1816 qualifizierten sich die Schüler*innen berufsbegleitend zu „praktischen Bergbeamt*innen“ weiter.
Strukturwandel im Ruhrgebiet: Nachhaltigkeit, Arbeitssicherheit und soziale Gerechtigkeit
Noch heute sind Lehre und Forschung an der THGA optimal auf die Anforderungen in der Industrie ausgerichtet. Als älteste Hochschule in der Metropolregion Ruhr begleitet sie dort den Strukturwandel. „Die THGA fühlt sich seit jeher dem intellektuellen Erbe des deutschen Steinkohlenbergbaus verpflichtet“, erklärt Hochschulpräsident Jürgen Kretschmann. Auf dieser Basis wandelte sich die Bochumer Hochschule schrittweise von einer regionalen Einrichtung zu einer Institution von nationaler und internationaler Bedeutung. „Heute wollen mit unserem Wissen Antworten auf Fragen zu Nachhaltigkeit, Arbeitssicherheit und auch sozialer Gerechtigkeit geben.“ Gemeinsam mit ihren Partnern im Verbund „UniverCity Bochum“ engagiert sich die THGA dafür, Bochum weiter als exzellentem Wissenschafts- und Bildungsstandort auszubauen.
Ewigkeitsaufgaben: Impulse für den Nachbergbau
Besonders beim Thema Nachbergbau nimmt die THGA eine Vorreiterrolle ein: Am weltweit einzigartigen Forschungszentrum Nachbergbau werden die Risiken und Chancen der so genannten Ewigkeitsaufgaben untersucht. Denn nicht nur an der Ruhr und der Saar gilt es diese zu bewältigen. Weltweit rücken ein nachhaltiger und umweltschonender Abbau in den Fokus. Bergbauflächen müssen wieder nutzbar gemacht werden.
Von „Schicht im Schacht“ kann daher nur bedingt die Rede sein. Vielmehr eröffnen sich ganz neue Perspektiven in Forschung, Lehre und der Industrie. „Wir haben es uns zur Aufgabe gemacht, die Post-Mining-Ära – also den Nachbergbau – technisch, ökonomisch und umweltverträglich mitzugestalten“, sagt Jürgen Kretschmann. Das Ruhrgebiet ist dabei der perfekte Ausgangspunkt, um den Bergbau und seine Folgen zu erforschen und so zu dem internationalen Wissens- und Technologietransfer beizutragen – und das seit mehr als 200 Jahren.