Ausgangspunkt für die neuen Regeln war das 13. Schulrechtsänderungsgesetz, das zwei unterschiedlich lange Bildungsgänge an den Gymnasien in NRW ermöglicht – nämlich G8 und G9. Aber nicht nur für die Gymnasien wird es Neuregelungen geben, alle Schulformen sind betroffen. Die neue Ausbildungs- und Prüfungsordnung für die Sekundarstufe I gilt ab dem Schuljahr 2019/2020. Am Gymnasium dann für die fünften und sechsten Jahrgänge.
G8 und G9: Zwei Bildungsgänge am Gymnasium
CDU und FDP hatten im Landtagswahlkampf 2017 versprochen, dass die einzelnen Gymnasien zwischen G9 und G8 wählen könnten – sollten sie die Wahl gewinnen. So steht es nun auch im Schulgesetz. Ganze drei Gymnasien in NRW werden bei G8 bleiben. Unter diesen drei Gymnasien ist ein öffentliches. Es handelt sich um das Städtische Max-Planck-Gymnasium in Bielefeld. Dem Landtag wurde berichtet, dass es womöglich in einer weiteren Schule eine einfache Mehrheit in der Schulkonferenz für den Verbleib gab, die jedoch aufgrund des Erfordernisses einer Zweidrittelmehrheit in der Schulkonferenz nicht ausreichte. Diese Wahlmöglichkeit von Schulen braucht niemand.
Im Schulausschuss des Landtags hat Yvonne Gebauer, Ministerin für Schule und Bildung NRW, beteuert, dass die Berücksichtigung zweier unterschiedlich langer Bildungsgänge am Gymnasium in allen rechtlichen Vorgaben keine zusätzlichen Kosten verursache. Erstaunlich für eine Ministerin, deren Partei sonst gerne „Bürokratiekosten“ berechnet und beklagt.
Halbtagsgymnasium um jeden Preis zu Lasten der Schüler*innen
Betrachtet man die schulfachlichen Regelungen der neuen Ausbildungs- und Prüfungsordnung – wie zum Beispiel die Vorgaben der Stundentafel – gemeinsam mit einer anderen zeitgleich vorgelegten Neuerung so wird klar: Das Halbtagsgymnasium in NRW genießt wieder besondere Wertschätzung der Landespolitik.
Das Ministerium für Schule und Bildung will den Erlass „Unterrichtsbeginn, Verteilung der Wochenstunden, Fünf-Tage-Woche, Klassenarbeiten und Hausaufgaben an allgemeinbildenden Schulen“ so ändern, dass wieder sieben Stunden Unterricht (= 315 Minuten) ohne Mittagspause möglich werden. Bislang gilt die Regel, dass es nach sechs Stunden Unterricht am Vormittag (= 300 Minuten) verbindlich eine Pause von 60 Minuten geben muss. Ideologische Schulpolitik zu Lasten der Schüler*innen und im Interesse einer Minderheit unter den Eltern.
Keine Gleichbehandlung der Schulformen in NRW in Sicht!
Die Vorgaben der neuen Ausbildungs- und Prüfungsordnung sind in Teilen schulfachlich problematisch. So zum Beispiel:
Die Landesregierung weigert sich, das Fach „Informatik“ an allen Schulformen verbindlich einzuführen. Allein für die Gymnasien ist das vorgesehen. Es ist schon im Sinne der Durchlässigkeit des Schulsystems unsinnig, bei der Ausstattung der Schulen wird nun keine Gleichbehandlung stattfinden. Eine Einführung allein an den Gymnasien benachteiligt die Schüler*innen an den anderen Schulformen.
Die Erhöhung des Anteils des Unterrichts in äußerer Differenzierung beim Hauptschulbildungsgang an Realschulen von einem Drittel auf die Hälfte ist problematisch, da ein weitestgehend binnendifferenziertes Lernen in heterogenen Lerngruppen förderlicher ist als ein äußerlich differenziertes in unterschiedlichen Lerngruppen.
In NRW war auch schon in der Vergangenheit der Anteil an Wirtschaftswissenschaft im Fach Politik/Wirtschaft höher als in anderen Bundesländern, dies belegen aktuelle Studien der Universität Bielefeld deutlich. In Zeiten, in denen demokratische Werte infrage gestellt werden, wäre es erforderlich, die politische Bildung anstatt vor allem das Fach Wirtschaft zu stärken.