Punktlandung: In der letzten Plenarwoche vor der Sommerpause hat der Landtag am 11. Juli 2018 das Gesetz zur Neuregelung der Dauer der Bildungsgänge am Gymnasium (13. Schulrechtsänderungsgesetz) mit den Stimmen der Fraktionen von CDU und FDP bei Enthaltung der Fraktionen von SPD, GRÜNEN und AfD beschlossen. Dieses bemerkenswerte Stimmverhalten ist ein weiterer Beleg dafür, dass alle Fraktionen im Grundsatz einig sind: G8 muss weg.
Auch der Vorschlag der Landesregierung für den Ausgleich der zusätzlichen Kosten der Schulträger durch die Verlängerung der Schulzeit am Gymnasium liegt auf dem Tisch. Es kann an die Umsetzung gehen.
Wahlmöglichkeit zwischen G8 und G9 bleibt bestehen
Leider hat der schwarz-gelben Landesregierung die Kraft gefehlt, ihre Versprechungen aus dem Landtagswahlkampf angesichts der Politikberatung in den Anhörungen zu revidieren: Eine Wahlmöglichkeit zwischen G8 und G9 wurde versprochen. Sie wird nun trotz breit vorgetragener Kritik nahezu aller Expert*innen umgesetzt. Die Landesregierung selbst geht von minimaler Resonanz aus. Es wird vermutet, dass es künftig deutlich weniger als zehn Prozent G8-Gymnasien geben wird; bei der Abschätzung der zusätzlich erforderlichen Stellen für Lehrer*innen bleibt die G8-Option unberücksichtigt.
So setzen sich die Kosten für die Umstellung auf G9 zusammen
Vor allem zwei Faktoren sind entscheidend für die Berechnung der Kosten der Umstellung für das Land. Zusätzliche Stellen für Lehrer*innen und der Belastungsausgleich der zusätzlichen Kosten der kommunalen Schulträger durch das Land.
Die Umstellung auf G9 ab dem Schuljahr 2019/2020 führt zunächst dazu, dass der Stellenbedarf sinkt, da in einem G9-Bildungsgang gegenüber einem G8-Bildungsgang in den einzelnen Jahrgangsstufen weniger Wochenstunden erteilt werden. Später steigt er durch das zusätzliche Schuljahr. Ab dem Schuljahr 2025/2026 ergibt sich gegenüber der Fortführung von G8 ein jährlicher Stellenmehrbedarf von rund 2.200 Stellen, da im Endausbau gegenüber dem Bildungsgang G8 in der Sekundarstufe I insgesamt bis zu 188 anstatt 163 Gesamtwochenstunden erteilt werden. Weitere Kosten kommen auf das Land zu, weil durch das G9-Gesetz zusätzliche Kosten auf die kommunalen Schulträger zukommen, die das Land ausgleichen muss.
Gutachten zeigt Methodik zur Kostenberechnung für G9 auf
Dazu liegt bereits der Entwurf für ein Gesetz zur Regelung des Kostenausgleichs zum Gesetz zur Neuregelung der Dauer der Bildungsgänge im Gymnasium (Belastungsausgleichsgesetz G9 – BAG-G9) vor. Es fußt auf dem Gutachten einer Projektgruppe unter der Leitung von Prof. Dr. Kerstin Schneider und Dr. Anna Makles von der Universität Wuppertal sowie Prof. Dr. Klaus Klemm.
Sie entwickelten eine Methodik, mit deren Hilfe die zusätzlichen und konnexitätsrelevanten Kosten durch die Einführung von G9 ermittelt werden können. Zudem ermittelten sie die zu erwartenden Kosten, die sie mit einmaligen investiven Kosten in Höhe von 518 Millionen Euro und mit jährlichen Kosten von 31 Millionen Euro bezifferten. Der Gesetzentwurf der Landesregierung sieht vor, dass die Zahlungen des Belastungsausgleichs erst im Jahr 2022 beginnen sollen.
GEW NRW geht von sinnvoller Schulentwicklung für Gymnasien aus
Bei der Umstellung auf G9 sind zahlreiche schulfachliche Fragen zu klären. Die GEW NRW hat die entsprechenden Festlegungen der Landesregierung weitgehend begrüßt. Der Beginn der zweiten Fremdsprache in Klasse 7, die Vergabe der Abschlüsse in der Sekundarstufe I und der Übergang in die Sekundarstufe II sowie die Stundentafel sollen so geregelt werden, sodass eine sinnvolle Schulentwicklung am Gymnasium möglich erscheint. Höchst problematisch ist es jedoch, dass die Landesregierung den Eindruck erweckt, das Halbtagsgymnasium sei das von ihr favorisierte Modell. Hier wird gesellschaftlich offenkundiger Bedarf ignoriert.