Kita-Beschäftigte fühlen sich von Landesregierung im Stich gelassen
Die letzten Wochen zeigten, dass insbesondere Kitas die Orte sind, an denen die Infektionsgefahr besonders hoch ist und sich Infektionen schnell ausbreiten. Aus diesem Grund haben etwa die Kommunen Bonn und Gelsenkirchen, in denen der Inzidenzwert über 200 liegt, beim Land beantragt, Kitas zurück in die Notbetreuung zu schicken. Das Land hatte diese Anträge unverständlicher Weise abgelehnt. Den Kommunen blieb damit nur, einen Appell an die Eltern zu richten, Kinder möglichst zu Hause zu betreuen. Zu Recht haben sich die Kommunen und Beschäftigten in den Einrichtungen von der Landesregierung im Stich gelassen gefühlt.
Landesministerium hebelt Bundesnotbremse aus
Glaubten die Beschäftigten nun, das neue Infektionsschutzgesetz des Bundes würde die langersehnte Konkretisierung der Regelungen bedeuten und die Landesregierung binden, sich an getroffene Vereinbarungen zu halten, so hebelte Minister Dr. Joachim Stamp die Bundesnotbremse mit seinen Vorgaben in ihrer Wirkung aus: Bei einem Inzidenzwert von über 165 sollen die Kitas in eine bedarfsorientierte Notbetreuung gehen; bei einer Inzidenz unter 165 soll weiterhin eingeschränkter Regelbetrieb stattfinden.
Für Unruhe und Enttäuschung in den Einrichtungen sorgt Minister Stamp außerdem mit seinem Brief an die Eltern, in dem er die Bundesnotbremse kritisch hinterfragt und angibt, zur Einhaltung „rechtlich gezwungen“ zu sein. Diese Haltung hilft den Beschäftigten vor Ort nicht und bedeutet gleichzeitig eine Belastung für die Erziehungspartnerschaft zwischen Eltern und Erzieher*innen vor Ort.
Bedarfsorientierte Notbetreuung in Kitas braucht konkrete Vorgaben
Die Frage, wer für die bedarfsorientierte Notbetreuung anspruchsberechtigt ist, wird von Minister Stamp nicht konkretisiert, die Vorgaben bleiben zu allgemein. Die Kriterien „beengte Wohnverhältnisse“, „besondere Härtefälle“ und der Umstand, dass Familien versichern, „die Betreuung nicht anders organisieren“ zu können, reichen aus unserer Sicht nicht aus. Unangenehme Diskussionen vor Ort zwischen Kitaleitungen und Eltern sind vorprogrammiert.
Für die GEW NRW ist es wichtig, dass sich das Betreuungsangebot vor allem an Kinder mit besonderen Bedarfen richtet und an Kinder, die aus Gründen der Kindeswohlgefährdung im Fokus bleiben müssen. Ziel muss es aber sein, die Belegung in den Kitas zu reduzieren, um den Beschäftigten den Infektionsschutz zu gewähren.
Kita-Beschäftigte müssen entlastet werden
Die vagen Vorgaben, welche Kinder in die Notbetreuung dürfen, bedeuten zusätzliche Anspannung bei den Beschäftigten. Denn erforderliches Fachpersonal fehlt, um die Betreuung und auch die frühkindliche Bildung der Kinder weiter zu gewährleisten. Die Infektionsschutzmaßnahmen und das fehlende Personal bedeuten für Kita-Leitungen bei der Dienstplangestaltung eine noch größere Herausforderung als sie bereits vor der Pandemie schon war.
In Anbetracht der Tatsache, dass
- in den Kitas kindgerechte Tests immer noch fehlen,
- die Beschäftigten nicht flächendeckend Impfangebote erhalten haben,
- personell die Kitas seit Beginn der Pandemie zusätzlich dadurch geschwächt sind, dass Beschäftigte zur Risikogruppe gehören,
- Beschäftigte als Eltern auch eigene Kinder zu Hause betreuen müssen
- und / oder von Quarantäne betroffen sind,
sorgt der Umgang des Ministeriums mit der Bundesnotbremse bei Erzieher*innen für großen Unmut.
Erzieher*innen wollen keine Held*innen sein, sondern ihrem Bildungsauftrag in den Kitas nachkommen. Die pandemiebedingten angestiegenen Verwaltungsaufgaben und die Hygieneauflagen lassen jedoch kaum Raum dafür. Derzeit wird der Mangel verwaltet, die frühkindliche Bildung und die pädagogische Arbeit bleiben da schnell mal auf der Strecke. So ist die Losung häufig: Betreuung statt Bildung. Die „samtweichen“ Entscheidungen der Landesregierung entlasten die Beschäftigten vor Ort nicht, sondern bedeuten im Gegenteil ein „Mehr“ an physischer und psychischer Belastung.