Eins ist klar: Wenn Lehrkräfte gegen ihren Willen an eine Schule geschickt werden, ist der Versetzungsantrag schnell gestellt. Und das, obwohl die Schulen in sozialen Brennpunkten besonders dringend auf hochqualifiziertes und -motiviertes Personal angewiesen sind, um die Kinder bestmöglich zu fördern.
Fraglich ist auch, ob Berufseinsteiger*innen geeignet sind für besonders schwierige Arbeitsplätze und ob man sie dort nicht verheizen würde. Daher kann eine Rückkehr zu einem zentral gesteuerten Einstellungsverfahren, das über eine Liste Bewerber*innen irgendwohin schickt, keine Lösung sein.
Ob Lehrkräfte die ihnen zugewiesenen Stellen überhaupt antreten würden, sei dahingestellt. Wenn es mehr Stellen als Bewerber*innen gibt, werden angehende Lehrer*innen einfach so lange warten, bis die gewünschte Schule dabei ist. Genug Vertretungsstellen zur Überbrückung gibt es ja. Durchsetzen ließe sich so ein Verfahren nur mit drakonischen Sanktionen bei Ablehnung eines Stellenangebots. Doch davon profitieren weder die Bewerber*innen noch das Land. Nordrhein-Westfalen braucht die ausgebildeten Lehrer*innen dringend und kann es sich nicht leisten, diese aus Prinzip nicht einzustellen.
Nachqualifizierung von Seiteneinsteiger*innen
Durch eine Umverteilung wird der Bewerber*innenmarkt nicht größer, Probleme werden nur verlagert. Die Ursache ist ja nicht das störrische Verhalten von Bewerber*innen, sondern der selbst verursachte Lehrer*innenmangel und die geringe Attraktivität bestimmter Schulen als Arbeitsplatz.
Langfristig muss mehr ausgebildet werden, müssen mehr Menschen durch Attraktivitätssteigerung der entsprechenden Lehrämter zum Studium animiert werden. Der Lehrer*innenmangel betrifft nicht ohne Grund vor allem die niedrig besoldeten Lehrämter an Grundschulen.
Seiteneinsteiger*innen, die schon jetzt als befristete Beschäftigte ohne eine entsprechende Ausbildung in Grundschulen unterrichten, müssen kurzfristig nachqualifiziert werden. Gleiches gilt für nicht ausreichend qualifizierte Beschäftigte, die Mangelsituationen einzelner Fächer an weiterführenden Schulen beheben.
Unbeliebte Standorte müssen attraktiver werden
Um Bewerber*innen oder erfahrene Lehrkräfte an die unattraktiveren Standorte zu locken, müssen sie zu besonders attraktiven gemacht werden: Vorstellbar wären eine an einen Sozialindex gekoppelte reduzierte Klassengröße, geringere Unterrichtsverpflichtung, Aufstockung der Ressourcen für Sozialarbeit und eine Gehaltszulage. Wenn die Arbeitsbedingungen stimmen, kommen auch sicherlich die Bewerber*innen, ganz ohne Zwang!
Redaktioneller Hinweis: Dieser Text ist Teil einer umfassenden Serie zum Thema Lehrkräftemangel in NRW, der in den kommenden Wochen von unterschiedlichen Standorten und aus unterschiedlichen Perspektiven beleuchtet wird.