Der GEW geht es gut. Im Gegensatz zu den meisten anderen DGB-Gewerkschaften haben wir konstante Mitgliedszahlen – in manchen Landesverbänden steigen sie sogar deutlich. Doch in anderen sieht die Altersstruktur so bedrohlich aus, dass diese nur durch solidarische Unterstützung der anderen Landesverbände weiterbestehen können. Wegen des Bildungsföderalismus braucht es in jedem einzelnen Bundesland eine starke GEW, um für die Beschäftigten und für gute Bildung eine laute progressive Stimme zu sein. Dass diese in jedem Bundesland hörbar bleibt, ist unsere gemeinsame Verantwortung. Wir müssen uns daher stärker als bisher um jedes einzelne Mitglied kümmern, das neu zu uns gekommen ist – oder schon länger dabei ist, sich nun aber engagieren will. Die Hälfte der gut 30.000 Mitglieder in Berlin sind in den letzten zehn Jahren eingetreten. Diese zu halten und zu binden, ist eine Aufgabe für uns alle.
Strukturen neu denken
Die persönliche Ansprache durch Ehrenamtliche in den regionalen GEW-Strukturen ist hierbei besonders wichtig. Rechtsberatung, Streikgeld, Schlüsselversicherung – das sind sehr bodenständige und eigennützige Gründe, in eine Gewerkschaft einzutreten. Und das ist völlig ok! Ich bin jedoch überzeugt, dass viele zahlende Mitglieder sich auch aktivieren lassen.
Ob die altehrwürdigen GEW-Strukturen aus Fachgruppen, Bezirken und Abteilungen attraktiv genug sind, wage ich zu bezweifeln. In Berlin haben sich in den letzten Jahren Arbeitsgruppen gebildet, die keinen Status in unserer Satzung haben. Sie erfreuen sich zunehmender Beliebtheit und arbeiten zu bildungspolitischen Themen, wie zum Beispiel Medienbildung, die nicht sinnvoll in einer einzelnen Fachgruppe bearbeitet werden können. Wir müssen es schaffen, die Perspektiven über die einzelnen Fachgruppen hinaus zu öffnen. Außerdem organisieren wir seit zwei Jahren mindestens zweimal jährlich eine fachgruppenübergreifende Runde der Sprecher*innenteams und solcher, die sich in Arbeitsgruppen bildungspolitisch engagieren, um einen übergreifenden Austausch zu ermöglichen.
Ansprechbar sein
Ansprache und Sichtbarkeit vor Ort ist besonders wichtig. Die wenigsten Mitglieder kommen in die Geschäftsstellen oder kennen die Mitglieder des Vorstands. Wir haben unseren Vertrauensleuteversand wieder aufgenommen und mit einer Redaktionsgruppe – ähnlich wie die Mitgliederzeitungen – versehen. Dass es Vertrauensleute in den Schulen und anderen Einrichtungen gibt, liegt in erster Linie in Verantwortung unserer Bezirksleitungen. Hier sind die Aktivitäten sehr unterschiedlich: Manche laden zu regelmäßigen Gewerkschaftsstammtischen ein, andere setzen auf die Vertrauensleutekonferenz und für andere ist Gewerkschaftsarbeit das Engagement im Personalrat. Anschub für die Bezirksleitungen, wieder aktiver zu werden, liefert bei uns ein Sonderposten in unserem Landeshaushalt für Projekte zur Mitgliederwerbung. Die Bezirke nutzen diese Mittel rege und laden zu Seminaren, Veranstaltungen oder Feiern ein.
Mut zu Veränderungen
Rückschläge gehören hier selbstverständlich dazu: Nicht jede gute Idee fand Widerhall bei den Mitgliedern und die ein oder andere Einladung musste mangels Anmeldungen auch widerrufen werden. Die zusätzlichen Mittel können aber auch Untergliederungen aktivieren und schlummernde Ideen zu Tage fördern.
Die Situation in Berlin ist sicher in vielen Aspekten nicht mit der in NRW vergleichbar: Die Stadtstaatenlage ermöglicht uns kurze Fahrtwege und keine Fahrtkosten und damit deutlich einfachere persönliche Kommunikation zwischen den Mitgliedern. Die Auswertung des Online-Dialogs mit Mitgliedern der GEW NRW liefert hoffentlich spannende Ergebnisse. Ich freue mich auf die Diskussion mit euch!