Dass die meisten nicht-europäischen Studierenden größtenteils aus einkommensschwächeren Familien stammen, scheint der schwarz-gelben Koalition egal zu sein. „Meine Eltern mussten viel aufgeben, damit ich in Deutschland studieren kann“, erzählt ein Student aus Marokko, der an einer Beratungsstunde für internationale Studierende teilnimmt. Er klagt – wie viele andere – über chronische Finanzengpässe.
Start ins Studium ist eh schon teuer
Wegen der bürokratisch verzwickten Immatrikulations- und Nachweiserbringungspflicht beginnen die Geldsorgen oft schon nach der Ankunft in Deutschland: Studierende, die sich an deutschen Hochschulen einschreiben wollen, müssen nachweisen, dass sie über die nötigen Deutschkenntnisse verfügen. Dafür ist natürlich erst einmal ein Sprachkurs nötig – und der kann nicht an der Wunschuni absolviert, sondern muss privat bezahlt werden. Solche Kurse, die auf die von den Universitäten geforderte Prüfung „Test Deutsch als Fremdsprache“ vorbereiten, kosten durchschnittlich 3.000,- Euro. Dazu fallen noch Gebühren für Zeugnisübersetzungen, Miete und Transport sowie Lebenshaltungskosten an.
Studierende aus Drittstaaten werden in Zukunft fehlen
Die Studiengebühren für Studierende aus Nicht-EU-Ländern verschärfen die Situation. Pawel* erzählt, dass er sich kaum vorstellen könne, dass Student*innen nach Einführung der Studiengebühren noch nach Deutschland kommen werden. Bei nur 120 gesetzlich erlaubten Arbeitstagen pro Kalenderjahr und ohne BAföG-Berechtigung können sie sich sich auf Dauer finanziell nicht über Wasser halten. Pawels Eltern haben für ihn einen Kredit aufnehmen müssen. Um überhaupt eine Einreisegenehmigung zu erhalten, hat er knapp 9.000,- Euro auf einem Sperrkonto nachweisen müssen. Hinzu kommt, dass er im ersten Jahr nur von der Summe auf dem Sperrkonto leben durfte und keine Arbeitserlaubnis hatte. Die Frage, ob er auch dann nach Deutschland gekommen wäre, wenn es diese Studiengebühr damals schon gegeben hätte, verneinte Pawel.
Reiche Studierende zum Beispiel aus China, zieht es vor allem nach Großbritannien oder in die USA, um an namhaften Universitäten zu studieren. Anders als deutsche Universitäten führen jene fast jährlich das weltweite Hochschulranking an. Lediglich eine nordrhein-westfälische Universität hat es auf die Liste der besten 100 geschafft – allerdings nur auf Platz 94. Besonders abschreckend ist auch der bürokratische Aufwand, den die Behörden pro Semester von den ausländischen Studierenden fordern: Nachweise über den Stand des Sperrkontos, Nebeneinkünfte und Studienverlauf sind nur einige davon. Selbst wenn die betroffenen Student*innen die Mittel für ein Studium in Deutschland aufbringen können, bekommen sie – außer dem guten Ruf deutscher Universitäten – nicht viel zurück.
Schlechtere Chancen auf dem deutschen Arbeitsmarkt
Trotz überdurchschnittlich guter Noten sieht es auch nach dem Studium auf dem Arbeitsmarkt für ausländische Studierende schlecht aus. Zwar klagt die Politik über den Fachkräftemangel, doch Studierende mit nicht-deutsch klingenden Namen müssen viermal so oft Bewerbungen schreiben wie deutsche Hochschulabsolvent*innen. Dazu kommt eine schlechtere Bezahlung im Vergleich zu ehemaligen deutschen Kommiliton*innen.
Von den Absolvent*innen bleiben nur die in Deutschland, die sich in eine Community integrieren und vom strukturellen Rassismus deutscher Institutionen nicht abschrecken lassen. Ein promovierender Syrer überlegte beispielsweise sich auf Dauer in Deutschland niederzulassen und weiterhin in der Forschung zu arbeiten. Als er seinen Doktorvater auf eine mögliche Einstellung als wissenschaftlicher Mitarbeiter ansprach, sagte dieser zu ihm: „Sie glauben doch nicht wirklich, dass ich Ihnen eine Stelle anbieten werde, wenn es noch andere deutsche Wissenschaftler gibt, die den Job tun könnten.“
Gravierende Folgen für schwächer aufgestellte Studienstandorte
In der Debatte um die vermeintlich positiven Seiten der Studiengebühren, wird ein wichtiger Punkt vergessen: Was würden finanziell schwach aufgestellte Universitätsstädte wie Duisburg tun, wenn ihre größte Studierendengruppe ausfällt? Duisburg profitiert in größerem Maße von Investitionen aus China. Als Binnenhafenstadt hat Duisburg eine besondere Bedeutung für das Mammutprojekt „Seidenstraße 2.0“. In diesem Rahmen investiert China nicht nur in die Infrastruktur in ganz Europa, sondern ermutigt auch junge Chines*innen zu einem Studium an den entsprechenden Standorten.
Das Signal, das ihnen die Politik gerade sendet, kann schnell negative Konsequenzen für die Duisburger Universität haben. Jede weitere Hürde wird das Bildungswesen in Deutschland um Menschen, Perspektiven und Ideen berauben, statt zusätzliche Einnahmen zu erwirtschaften.
Letztlich verdeutlichen Armin Laschet und Christian Lindner mit ihren Plänen nur, wie wenig sie sich mit den Folgen ihrer „Bildungspolitik“ beschäftigt haben. Selbst wenn die geplanten 1.500,- Euro Studiengebühren für ausländische Studierende erschwinglich sein sollten, sind und bleiben sie eine Form intellektueller euronationalistischer Ausgrenzung. Denn Bildung ist ein Recht, auf das jede*r Anspruch haben sollte, ungeachtet der Herkunft oder des Geldbeutels.
*Name von der Redaktion geändert