14.01.2019

Islamunterricht trägt zu Extremismusprävention bei

Antidiskriminierung
Islamunterricht trägt zu Extremismusprävention bei

Islamwissenschaftlerin Lamya Kaddor setzt auf ausgewogenen Religionsunterricht

Inwiefern kann islamischer Religionsunterricht Extremismus unter Schüler*innen verhindern? Islamwissenschaftlerin Lamya Kaddor zu DITIB, umfassenden Lehrplänen und Islamismus in Schule.

  • Autor*in: Lamya Kaddor
  • Funktion: Islamwissenschaftlerin, Islamische Religionspädagogin und Publizistin
Min.

Mit der Einführung von islamischem Religionsunterricht an staatlichen Schulen ist häufig der Gedanke der Extremismusprävention verbunden. Primär geht es jedoch wie in anderen Fächern um Bildung und Wertevermittlung. Das ist angemessen für die zweitgrößte Religion in Deutschland nach dem Christentum; schon um die breite Ungleichbehandlung innerhalb der Schüler*innenschaft nicht weiter fortzuführen. Trotzdem ist die Verknüpfung von Islamunterricht und Extremismusprävention nicht ganz falsch.

Mag die öffentliche Bewertung des Themas noch so vorurteilsbehaftet sein, Extremismus ist im Islam der Gegenwart präsent. Gemeinhin ist von Islamismus die Rede. Dieser geht zumeist mit fundamentalistischem Gedankengut einher. Fundamentalismus ist Schwarz-Weiß-Denken. Der Islam hat aber auch unzählige Graustufen. Es gibt weder ein umfassendes universelles Dogma noch ein Oberhaupt, das darüber wachen könnte.

Umfassender Islamunterricht ist notwendig

Islamunterricht, der Schüler*innen im klassischen Sinn zu Wissen und Mündigkeit führt, vermittelt diese Graustufen – und dadurch kann er beiläufig zur Vorbeugung extremistischer Haltungen beitragen sowie die Ausbildung eines in Deutschland gelebten Glaubens fördern und so bis zu einem gewissen Grad das auffangen, was möglicherweise im Elternhaus versäumt wird. Um das zu ermöglichen, dürfen Religionsvertreter*innen, mit denen der säkulare Staat nach dem Grundgesetz zusammenarbeiten muss, freilich nicht selbst zweifelsfreie Urteile und monolithische Lehren vertreten. Dabei kommt es unter anderem auf die Auswahl der Kooperationspartner an.

DITIB – eine verlässlicher Partnerin für das NRW-Schulministerium?

Bislang stand da ein Islamverband an erster Stelle: die Türkisch-Islamische Union der Anstalt für Religion e. V. (DITIB). Heute wird die Verbandsspitze von allen mit Argwohn betrachtet. Zu Recht! Der kritische Umgang mit ihr ist lange überfällig. Die DITIB war stets daran interessiert, Gläubige stärker an die Türkei als an Deutschland zu binden, und markierte so ein Integrationshindernis. Inzwischen kommen selbst hinsichtlich religiösen Extremismus Zweifel auf, dessen der Verband lange unverdächtig war. Anfang des Jahres veranstaltet die DTIB in ihrer Kölner Zentralmoschee eine beinah geheime Islamkonferenz mit teils problematischen Teilnehmer*innen aus dem Ausland.

Lehrpläne dürfen nicht einseitig ausgerichtet sein

Die Bundesländer, in deren Verantwortung Islamunterricht fällt, müssen sich überlegen, ob sie mit einer DITIB dieser Form zusammenarbeiten können. Bescheiden sie die Frage positiv, muss der Gesetzgeber gewährleisten, dass DITIB sowie andere große und ähnlich problematische Islamverbände ein Gegengewicht bekommen. Realisieren ließe sich das über Gremien besetzt mit Vertreter*innen unterschiedlicher islamischer Strömungen. Anstelle einzelner Religionsgemeinschaften könnten sie als Partner*in des Staats sicherstellen, dass die Pluralität des Islams tatsächlich vermittelt wird, indem sie darüber wachen, dass nicht nur Pädagog*innen einer Glaubensrichtung eine Lehrerlaubnis erhalten und Lehrpläne nicht einseitig ausgerichtet werden.

Islamischer Religionsunterricht als ein Baustein zur Extremismusprävention

In solche Lehrpläne gehören schließlich Bausteine zum islamischen Fundamentalismus, zur religiösen Radikalisierung und zur politischen Instrumentalisierung der Religion – sprich zum Islamismus. Sie sind ungeachtet des Gedankens einer Extremismusprävention unumgänglicher Teil islamischer Realität. Zur besseren Akzeptanz und Vermeidung von Stigmatisierung empfiehlt es sich allerdings, in diese curricularen Bausteine den Blick nach außen einzubauen und extremistische Entwicklungen in anderen religiös-weltanschaulichen Kontexten ebenso zu thematisieren. Extremismusprävention ist zwar kein originäres Ziel von Islamunterricht, richtig aufgestellt, trägt das Fach jedoch implizit dazu bei.