Weltweite Krisen hinterlassen Spuren in allen Bereichen des gesellschaftlichen Miteinanders und verdichten sich gar zu einer sozialen Krise: Verteilungskonflikte und Armutslagen nehmen zu. Die Folgen von Corona, Krieg und Energiekrise verschärfen vorhandene Unsicherheiten, schüren Ängste und bieten einen Nährboden für Verschwörungstheorien und Untergangsszenarien, getragen von antidemokratischen, menschenfeindlichen und rechtsradikalen Ideologien, die Feindbilder schaffen und von Umvolkung sprechen. Bundesministerin für Bildung und Forschung Bettina Stark-Watzinger fordert Lehrkräfte auf, die Schüler*innen auf einen möglichen Krieg vorzubereiten und mit ihnen Zivilschutzübungen abzuhalten, mit dem Ziel, ihre Widerstandsfähigkeit zu stärken. Sie meint, Kinder müssten die Bedrohungen der Freiheit kennen und mit den Gefahren umgehen können.
Raum und Zeit für didaktisch-pädagogisch sinnvolle politische Bildung
Als ein freiheitlich demokratisches Land wären wir gut beraten, die politische Handlungskompetenz der Kinder und Jugendlichen zu fördern, weil Demokratiefeinde im Inland derzeit die noch größere Bedrohung unserer Freiheit darstellen als ein Krieg, der möglicherweise auch in Deutschland ausbrechen könnte. Unsere Widerstandsfähigkeit zu erhöhen, indem wir die politische Bildung stärken – das sollte höchste Priorität sein. Als Bildungsgewerkschaft kennen wir unsere Verantwortung, unsere Mitglieder sind in Bildungs- und Erziehungseinrichtungen tätig.
Erzieher*innen und Lehrer*innen kommt die besondere Aufgabe zu, den Destabilisierungstendenzen in unserer Gesellschaft entgegenzuwirken und Kinder und Jugendliche zu aufgeklärten, kritisch denkenden Menschen zu erziehen, die populistische Hetze einordnen und sich ihr widersetzen können. Das beste Mittel gegen Hass und Hetze ist die reflektierte, wehrhafte Demokratie – und die muss jede Generation aufs Neue erlernen. Das gelingt nur über politische Bildung und es liegt an den Entscheider*innen in der Bildungspolitik, unseren Beschäftigten den Raum und die Zeit zu geben, sich dieser wichtigen Aufgabe auch didaktisch-pädagogisch sinnvoll widmen zu können.
„Nie wieder Faschismus“ als Leitmotiv in unseren Bildungseinrichtungen
Die GEW NRW blickt besorgt auf Ergebnisse der aktuellen „Mitte-Studie 2022/2023“ der Friedrich-Ebert-Stiftung, nach der rechtsextreme und menschenfeindliche Einstellungen stark gestiegen sind und sich ein Teil der Mitte sogar von der Demokratie distanziert. Besonders Jugendliche sind anfällig für die hochmanipulativen Methoden extremistischer Ideologien. Der Philosoph Theodor Adorno hat die Anforderung an Pädagogik deutlich beschrieben: „Die Forderung, daß Auschwitz nicht noch einmal sei, ist die allererste an Erziehung.“ „Nie wieder Faschismus“ muss in unseren Bildungseinrichtungen leitendes Motiv werden. Angesichts der politischen Entwicklung und des Erstarkens der AfD erst recht!
Es müssen die Bedingungen benannt, analysiert und reflektiert werden, die national wie international zu Friedlosigkeit führen und die Freiheit aller bedrohen. Es muss Ziel in unserem Bildungswesen sein, unsere Kinder und Jugendlichen zu befähigen, die gesellschaftlichen Bedingungen zu begreifen, die Diversität und das Anderssein nicht als Bedrohung zu verstehen und populistische Manipulation zu erkennen. Deshalb ist ganzheitliche Bildung im Sinne der Förderung von Persönlichkeitsentwicklung und -entfaltung so wichtig und findet bestenfalls schon in der frühkindlichen Bildung statt: Im Kitaalltag lernen Kinder spielerisch Toleranz gegenüber anderen Meinungen sowie Akzeptanz von Verschiedenheit.
Politische Teilhabe ist Grundvoraussetzung für eine lebendige Demokratie
Doch in unserem Bildungssystem bleibt viel zu wenig Zeit für eine Pädagogik der Friedenserziehung: Sozialwissenschaftliche und geschichtliche Inhalte werden vermehrt einer ökonomischen Bildung geopfert. Deshalb lautet die Forderung an die Bildungspolitik, Kitas, Schulen und Hochschulen nicht als Qualifizierungsagentur für den Arbeitsmarkt zu verstehen, sondern als Ort, an dem Kinder und Jugendliche die Befähigung zu demokratischem und friedvollem Verhalten erlernen! Und genau dafür müssen unsere Bildungseinrichtungen zuallererst Wertschätzung erfahren und mit den notwendigen Ressourcen ausgestattet sein. In den Lehrplänen in unserem Land, in dem Land, von dem die größte geschichtliche Katastrophe ausging, gibt es keinen Platz für friedenspädagogische und -politische Einlassungen.
Das ist, gelinde gesagt, ein Skandal! Eine Umfrage der Körber- Stiftung zum Geschichtsunterricht aus dem Jahr 2017 zeigte, dass lediglich 59 Prozent der 14- bis 16-Jährigen wissen, dass Auschwitz-Birkenau ein Konzentrations- und Vernichtungslager war. „Nie wieder Krieg, nie wieder Faschismus“ darf nicht zu einer inhaltsleeren Plattitüde verkommen! Es ist eine verbindliche Verpflichtung gegenüber der eigenen Geschichte und ein Versprechen an die gegenwärtig lebenden und alle zukünftigen Generationen. Dafür Raum zu schaffen, muss im Eigeninteresse von gewählten Demokrat*innen sein. Die Vernachlässigung von politischer Bildung verspielt gleichberechtigte politische Teilhabe – und diese ist Grundvoraussetzung für eine lebendige und wehrhafte Demokratie: Wir sind für das verantwortlich, was wir tun. Aber auch für das, was wir nicht tun.
#NoAfd – Keine Alternative für Beschäftigte
DGB-Flyer entlarvt Politik der AfD
Der DGB-Bezirk NRW hat einen Flyer erstellt, der in fünf übersichtlichen Argumenten aufzeigt, warum die AfD keine Alternative für Beschäftigte ist. Denn sie ist arbeitnehmer*innenfeindlich, rassistisch und rechtsextrem. Der Flyer kann runtergeladen und zum Verteilen ausgedruckt werden.